Die Frage nach der zukünftigen Besetzung des Vereinsvorstandes beim 1. FC Köln beschäftigte in der letzen Woche zunehmend die kölschen Gemüter und führte zu erhitzten Diskussionen in Interviews, in Podiumsgesprächen und vermutlich auch beim Stammtisch um die Ecke. Ehemalige Politiker meldeten gefragt und gleichzeitig ungefragt ihr Interesse an, ehemalige Spieler sprangen für amtierende Vizepräsidenten in die Bresche.
Von respektlosem Umgang und Fassungslosigkeiten war gar die Rede in den Medien. Richtig Fahrt hatte die Debatte bei den “Geißböcken” bekanntlich nach Armin Vehs verbalem Angriff auf Präsident Werner Spinner im Nachgang zum Spiel in Ingolstadt vor ein paar Wochen aufgenommen. Ein Wirkungstreffer, der bekanntermaßen ein paar Tage darauf zum Rücktritt des ehemaligen Bayer-Managers führte.
Aus dem Fokus, zurück zur Topform?
Es mag nur ein Zufall sein, aber seitdem die Diskussionen rund um den Vorstand an Brisanz aufnahmen und sich der Fokus der Öffentlichkeit ein gutes Stück verschob, spielt die Mannschaft von Trainer Markus Anfang ihren besten Fußball dieser Saison. Sieben Punkte Vorsprung und ein Nachholspiel in der Hinterhand hat der effzeh mittlerweile auf den von Union Berlin belegten dritten Platz.
Die Heimsiege gegen Bielefeld und Kiel waren nach den eher quälenden Erfolgen gegen Sandhausen, Aue und Ingolstadt auch spielerisch äußerst überzeugend und so fährt man nach insgesamt fünf Dreiern in Folge und 15:3 Toren mit entsprechend breiter Brust nach Ostwürttemberg. Der effzeh trifft dort allerdings auf einen Gegner, der unter der Woche bei Bayern München im Pokal-Viertelfinale antreten durfte und sich dort trotz Niederlage eine gehörige Portion Selbstvertrauen abholte.
Für Heidenheim folgt Highlight auf Highlight
Die Heidenheimer boten beim 4:5 ein selten gesehenes Spektakel und hatten gar Chancen das Spiel zu gewinnen und so eine der größten Sensationen der letzten Jahre zu schaffen. Heidenheims Trainer Frank Schmidt fand nach dem Pokalspiel auch fast nur lobende Worte für seine Mannschaft. Er sei zwar „unendlich traurig“ , betonte daraufhin jedoch schnell die herausragende Mentalität seiner Mannschaft und fand es „abartig, was die Mannschaft geleistet hat“.
Das Pokalspiel habe Spaß gemacht, und es würde noch mehr Spaß bringen, wenn man am Wochenende gegen den Zweitligaprimus etwas mitnehmen würde, so der Trainer, der mit diesen Worten damit direkt im Anschluss an das herausragende Spiel in München den Fokus auf das nächste Spiel legte. Und so referierte er gute 36 Stunden später gut gelaunt den Pressevertretern in Heidenheim, dass die “Geißböcke” sehr zentrumslastig spielen würden, aber auch auf den Außen mit Tempo sehr gefährlich seien.
“Es kommt am Sonntag das Nonplusultra der 2. Liga auf uns zu!”
Aus dem Kölner Spiel gegen Kiel nehm er interessiert zur Kenntnis, dass der effzeh teilweise Mann gegen Mann verteidigte. Rückschlüsse aus dem Hinspiel könnten die Heidenheimer hingegen nur begrenzt ziehen, da die Kölner dort personell und taktisch anders unterwegs gewesen seien, auch wenn sich Schmidt gerne und detailliert an das Hinspiel (1:1) erinnern konnte. Es komme darauf an, die Chancen gut zu nutzen und die Kölner Angriffsbemühungen zu stören – möglichst bevor die Stürmer in Aktion treten.
Glatzel und Schnatterer die Go-to-Guys der FCH-Offensive
Anhand dieser Worte ist unschwer zu erahnen, dass auch Heidenheim wie schon im Hinspiel auf das Verdichten von Räumen, eine hohe Laufbereitschaft und schnelles Umschalten setzen wird, um die Kölner möglichst im Spielaufbau unter Druck zu setzen, zu Fehlern zu zwingen und so das Kölner System so zu knacken.
Verlassen können sie sich dabei neben der spielenden Vereinslegende Marc Schnatterer auf Torjäger Robert Glatzel, der seine Qualität zuletzt mit drei Toren gegen die Bayern zur Schau stellte und zwölf Tore in der Liga erzielte. Im Hinspiel fiel der 25-jährige noch aus, steht aber jetzt ebenso zu Verfügung wie der Rest des Kaders. Lediglich der meist als Linksverteidiger aufgelaufene Norman Theuerkauf fehlt aufgrund einer Gelb-Roten Karte im letzten Spiel.
Die Personalsituation bei den “Geißböcken” ist derweil noch komfortabler. Das erste Mal in dieser Saison konnte Markus Anfang unter der Woche den kompletten Kader auf dem Trainingsplatz begrüßen, nachdem Matthias Lehmann (Sprunggelenk) und Niklas Hauptmann (Meniskusverletzung) zuletzt gefehlt haben. Das wird Markus Anfang sicherlich positiv bewerten, verlangt auf der anderen Seite aber auch seine Fähigkeiten als Kommunikator.
Das Luxusproblem im Sturm des 1. FC Köln
Zum Beispiel im Sturm: Nachdem Simon Terodde seine Torflaute zuletzt auf beeindruckende Art und Weise beendete, muckte Jhon Cordoba vor dem Elfmeter im letzten Heimspiel für alle Zuschauer sichtbar auf und suchte die Diskussion mit Schütze Terodde. Ebenfalls unzufrieden war Anthony Modeste mit dem aus seiner Sicht mickrigen Kurzeinsatz gegen Kiel. Auch wenn letztlich alle drei trafen, es können nur jeweils zwei Stürmer gleichzeitig spielen.
Im Mittelfeld dürfte Louis Schaub dank seiner Leistungen in der Vorrunde nach auskurierter Verletzung zunehmend in die Startelf drängen. Außerhalb der Rotation stehen dagegen derzeit Spieler wie Jannes Horn, Marcel Risse, Salih Özcan oder auch Vincent Koziello, auch wenn Markus Anfang betonte das es keinen engeren Kreis gibt, auf die er im Saisonendspurt setzt.
Wie auch immer der effzeh-Coach die Mannschaft letztlich aufstellt: Die Fans dürfte am Sonntag ein kampfreiches Spiel zweier Mannschaften erwarten, die ein klares taktisches Konzept verfolgen und ihre Fans zuletzt verwöhnten. Heidenheim schielt dabei mit einem Auge noch auf die Aufstiegsränge, bräuchte dafür aber vermutlich drei Punkte. Die Ausgangssituation für die “Geißböcke” ist eine andere: Sie wollen mit einem Sieg in die nächste englische Woche starten und den Bundesliga-Aufstieg möglichst bald perfekt machen.