Die Stimmung war betrübt bei den Frauen des 1. FC Köln. Obwohl das Team von Coach Sascha Glass gerade einen 1:0-Erfolg gegen den Ex-Verein des Trainers aus Sand eingefahren hatte, stand am Ende der Abstieg. Trotz eines effzeh-internen Punkterekordes, trotz zehn Punkten aus den letzten acht Spielen, die das Team innerhalb eines Monats absolvieren musste. Zwar waren die FC-Frauen punktgleich mit Duisburg und Leverkusen, doch besaßen sie das schlechteste Torverhältnis. Spielerin Rachel Rinast schrieb dazu auf ihrer Instagram-Seite: “Ich weiss nicht, ob es die Situation schon mal so gab, dass drei Teams 17 Punkte hatten und dann das Team mit dem schlechtesten Torverhältnis abgestiegen ist.”
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Rinasts Bemerkung verdeutlicht die Bitterkeit dieses Abstiegs des Frauenteams des 1. FC Köln. Das Saisonziel verfehlten die FC-Frauen denkbar knapp. Vor der Saison herrschten Optimismus und Aufbruchsstimmung, Teammanagerin Nicole Bender bezeichnete den Klassenerhalt als ein realistisches Ziel. Damit sollte sie recht behalten – das Team hätte den Klassenerhalt schaffen können, doch in den zwei entscheidenden Spielen der Rückrunde blieb es die nötigen Qualitätsnachweise leider schuldig.
Eine wechselhafte Saison – inklusive Pandemie
Die Hinrunde begann zunächst verheißungsvoll. Mit einem Heimsieg gegen den MSV Duisburg, einem Hauptkonkurrenten, startete das Team in die Saison. Fortan mühte sich die Truppe, verstärkt durch namhafte Spielerinnen wie Rückkehrerin Rinast, Eunice Beckmann und weiteren Neuzugängen wie Torhüterin Elvira Herzog, den Abwehrspielerinnen Sabrina Horvat und Francesca Calo, Mittelfeldakteurinnen wie Lucia Ondrusova und Stürmerinnen wie Amber Barrett, unter dem langjährigen Trainer Willi Breuer allerdings eher von Spiel zu Spiel. Beim Auswärtsspiel in Jena reichte es etwa nur zu einem glücklichen Punkt. Nach einigen Niederlagen konnte erst wieder gegen Bayer Leverkusen ein 4:3-Heimsieg gefeiert werden. Diese sieben Punkte bedeuteten unter dem Strich eine schwierige, aber nicht aussichtslose Lage vor dem Rückrundenstart.
https://twitter.com/fckoeln/status/1277242259000393729
Zur Rückrunde klotzte der 1. FC Köln nochmals auf dem Transfermarkt: Mit Sascha Glass zog er einen profilierten Fachmann als neuen Coach an Land. Vom Ligakonkurrenten aus dem baden-württembergischen Ortenaukreis durfte Glass zudem Mittelfeldspielerin Johanna Tietge mitbringen. Sie unterschrieben ligaunabhängige Verträge, was der Konkurrenz eine hohe Kölner Entschlossenheit signalisierte. Zum Rückrundenauftakt schlug sich der FC wacker, musste aber Niederlagen einstecken – und konnte weder gegen die Konkurrenz aus Duisburg noch aus Jena spielen.
Dann kam Corona. Und mit der Pandemie wuchs die Ungewissheit. Als die Liga ein Ende der Zwangspause beschloss, enthielt sich der 1. FC Köln in der Abstimmung. Die Option, die Saison abzubrechen, niemanden absteigen und die beiden Ersten der zweiten Liga aufsteigen zu lassen, wurde lediglich diskutiert. Das DFL-Hygienekonzept des Männerfußballs sollte dem Frauenfußball übergestülpt werden, was insbesondere den Verantwortlichen am Geißbockheim sauer aufstieß. Aber es half nichts, die Spiele mussten gespielt werden. Es ging um acht Spiele in vier Wochen, ohne die Möglichkeit für professionelles Mannschaftstraining.
Im ersten Spiel traf das Team auf die Konkurrentinnen aus Duisburg – und kassierte in letzter Minute das 1:1. Doch die FC-Frauen ließen die Köpfe nicht hängen. Gegen die SGS Essen und Jena erkämpfte sich das Team zwei Siege, für die Rachel Rinast in den Schlussphasen sorgte. Es folgten Klatschen gegen Bayern und den SC Freiburg, bevor das entscheidende Spiel in Leverkusen anstand. Dies verlor der effzeh mit 1:3. Es war das einzige Spiel, in dem es Glass’ Team an der Ordnung und Entschlossenheit auf dem Platz mangelte, die zu den Siegen gegen Essen und Jena führten. Der Sieg gegen Sand blieb de facto wertlos, da Duisburg zeitgleich in Jena gewann.
https://twitter.com/DFB_Frauen/status/1277246041788735488
Was bedeutet der Abstieg für den 1. FC Köln? Zunächst natürlich einen Rückschlag für die eigenen Ambitionen. Zwar kommen Sharon Beck und Mandy Islacker auch in die zweite Liga (Lena Lotzen riss sich das Kreuzband), doch in der Bundesliga hätte der Verein vermutlich weitere namhafte Verstärkungen holen können, um den Klassenerhalt sicherzustellen. Zudem wäre die zweite Mannschaft in die zweite Liga aufgestiegen – sie muss nun in der Regionalliga verweilen. Trotz des bitteren Endes muss die Saison nicht in ein verlorenes Zweitligajahr münden. Der Teamgeist stimmte, Sascha Glass fügte sich hervorragend ein und viele Spielerinnen wollen bleiben. Die Stimmung ist nicht mit dem Abstieg 2018 vergleichbar, als der effzeh schmählich mit elf Punkten und 8:78 Toren abstieg. Auf dieser Saison kann der Verein aufbauen – wenn er will.
Wie konsequent verfolgt der 1. FC Köln seine Ambitionen im Frauenfußball?
Wie der Kader im nächsten Jahr genau aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Den Neuzugängen Sharon Beck und Mandy Islacker dürften noch einige folgen, gerade wegen des Kreuzbandrisses von Lena Lotzen. Teammanagerin Nicole Bender und Glass dürften insbesondere den Offensivbereich verstärken wollen, dem es sichtbar an Qualität mangelte. Unklar ist aber nicht nur, wer kommt, sondern auch, wer geht. Kristina Hild, Karoline Kohr, Carolin Schraa, Theresa Gosch, Yuka Hirano und Pauline Nelles bleiben dem FC erhalten – als Abgänge stehen bislang Torhüterin Elvira Herzog, Lucia Ondrusova, Vanessa Zilligen und Madeline Gier fest. Anna Kirschbaum, Meike Meßmer und Romina Frommont bleiben dem FC erhalten, rücken aber in die zweite Frauenmannschaft und sollen ein junges Team in der Regionalliga West anführen. Isabelle Linden beendet darüber hinaus ihre Karriere.
Von den Leistungsträgerinnen dürfte mindestens Rachel Rinast bleiben, die für die Abteilung eine Art Aushängeschild geworden ist und in den letzten Wochen ihre Qualität nachwies. Darüber hinaus ist bislang wenig absehbar, auch wenn viele den Willen zum Bleiben signalisiert haben sollen. Sascha Glass und Nicole Bender werden in den nächsten Wochen die Kaderplanung präzisieren und dem neuen Team Konturen verleihen. Auf sie kommt eine Menge Arbeit zu, um den Kader aufstiegs- und erstligatauglich zusammenzustellen.
Das gilt auch für die personelle Ausstattung und Struktur der Abteilung. Nicole Bender ist zwar seit dieser Saison hauptamtlich beim 1. FC Köln beschäftigt, doch Bereiche wie Scouting und Gegneranalyse muss das vorhandene Personal bisher gemeinsam ausfüllen. Der FC könnte das Zweitligajahr dazu nutzen, um in diesem sprichwörtlichen Hintergrund nachhaltige Strukturen mit professionellem Personal aufzubauen. Das Potential für “mehr” ist vorhanden, auch in der Mädchenabteilung. Abgesehen von Bayer Leverkusen existiert im Rheinland für den effzeh keine ernstzunehmende Konkurrenz.
Allerdings steht alles unter dem Vorbehalt, dass der FC es mit dem Frauenfußball auch weiterhin ernst meint. Bislang deuten die Signale aus dem Verein darauf hin. Mindestens der Mitgliederratsvorsitzende Stefan Müller-Römer als auch Geschäftsführer Alexander Wehrle dürften die höheren Ambitionen der Frauenabteilung vorantreiben wollen. Eine spontane Abkehr käme zudem einem Wortbruch gegenüber dem neuen Trainer und den Neuzugängen gleich, der den Ruf des 1. FC Köln nachhaltig vergiften könnte. Wahrscheinlicher ist daher ein “Weiter so” auf der Basis der aktuellen Saison. Es gäbe, trotz des Abstiegs, schlimmere Aussichten für die FC-Frauen.