Wenn ein Frauenname in dieser Woche in der bunten Ecke der belanglosen Nachrichten im Fokus stand, dann war es definitiv Marie. Mit einem kryptischen Tweet („Bitte per email direkt an Marie – bin heute nicht im Office“) hatte das ARD-Studio im US-amerikanischen New York auf dem Kurznachrichtendienst Twitter für Furore gesorgt – und den kleinen Fauxpas danach souverän abmoderiert. Denn: Es war keinesfalls die derzeit im Radio dank der Kölner Band annenmaykantereit (glühende Anhänger des 1. FC Köln) omnipräsente „Marie“, sondern wenig überraschend eine Hospitantin im ARD-Studio gemeint, die sich auch prompt danach in einer kleinen Story zu erkennen gab.
Einen Tag vor dem 11.11. wird dagegen beim 1. FC Köln eine andere Marie zitiert werden, denn die „Geißböcke“ stehen nach fünf sieglosen Pflichtspielen in Serie gewaltig unter Druck. Das Heimspiel gegen Dynamo Dresden soll daher der Brustlöser für den erheblich ins Wanken gekommenen Aufstiegsfavorit werden. Frei nach dem Motto „Hück oder nie, Marie“ soll der effzeh endlich den Weg zurück in die Erfolgsspur finden – rechtzeitig zum Start der Fastelovendssession am Sonntag will die Mannschaft von Trainer Markus Anfang, die sich bisher zuhause wenig überzeugend präsentiert hatte, den eigenen Fans einen weiteren Grund zum Feiern servieren. Ein souveräner Heimsieg gegen die Gäste aus Sachsen wäre dabei ein guter Anfang (pun intended).
Die Zweifel an Markus Anfang wachsen
Denn: Spätestens seit der verdienten Niederlage im Topspiel beim Hamburger SV, als die Jungs mit dem Geißbock auf der Brust eine wahrlich beschämende Leistung auf dem Rasen ablieferten, steigt auch der Druck für den effzeh-Coach. Insbesondere seine Analyse nach dem blutleeren Auftritt in der Hansestadt sorgte für zahlreiche erstaunte Gesichter in der Domstadt. Zu offensiv seien seine Wechsel eventuell gewesen, man hätte in der Schlussphase zu riskant agiert. Auf dem Platz war davon allerdings ziemlich wenig zu sehen – im Gegenteil: Der HSV war die spielbestimmende Mannschaft und erzwang nach einem abermaligen Ballverlust den späten Siegtreffer durch Pierre-Michel Lasogga.
Es sind solche Leistungen wie in Hamburg, die die Zweifel am Trainer mehren. Auch deshalb muss der effzeh schnellstmöglich ein Weg aus der Ergebniskrise, die auch eine Erlebniskrise ist, finden. Beim HSV blieben die „Geißböcke“ erstmals in dieser Saison ohne eigenen Treffer, haben in den vergangenen vier Partien nur drei Tore bejubeln dürfen. Dass das Offensivspiel lahmt, ist jedoch keine neue Erkenntnis. Die Anfang-Elf ist in ihrer Herangehensweise derzeit leicht ausrechnen und insbesondere im Aufbauspiel unter Druck viel zu anfällig. Gerade das flache Ausspielen von eigenen Abstößen sorgte in den vergangenen Wochen für diverse Situationen, die dem Herz-Kreislauf-System des eigenen Anhangs alles andere als zuträglich gewesen sein dürften.
Die Gründe für die Krise: Nicht eindeutig zu benennen!
Auch darüber hinaus kreisen die Gedanken rund um den Verein nach der Talfahrt mehr um die eigenen Befindlichkeiten als um die kommenden Aufgaben: Ist das Anfang’sche Spielsystem überhaupt geeignet für diesen Kader? Stehen die Spieler noch hinter ihrem Trainer? Lähmt der Druck die Beine der effzeh-Profis? Was ist eigentlich mit Simon Terodde los, seitdem Anthony Modeste bei der U21 trainiert? Warum haut Sportchef Veh so vehement auf den Tisch? Viel Kaffeesatzleserei, viel Hokuspokus – die Gründe für die Krise scheinen für niemanden richtig greifbar zu sein. Nach dem starken Auswärtssieg in Bielefeld thronte der effzeh souverän an der Tabellenspitze und versprühte wenig Zweifel an der eigenen Mission Wiederaufstieg.
Seitdem ist es wie abgerissen: Eine Niederlage gegen den Tabellenletzten Duisburg, ein weggeworfener Sieg beim 1:1 in Kiel, das zähe Heimspiel gegen Heidenheim (1:1) und die Null-Leistung in Hamburg. Jetzt kommt Dresden in die Domstadt – und dürfte der Gradmesser dafür sein, wie Markus Anfang mit der ersten unangenehmen Situation bei den „Geißböcken“ umzugehen gedenkt. Verändert er seine Herangehensweise? Bleibt er überzeugt von seinem Konzept? „In den Phasen, in denen es nicht gut läuft, lernt man am meisten. In diesen Phasen muss man sich treu bleiben und sich gleichzeitig fragen, welche Dinge man verbessern kann. Sich treu zu bleiben heißt dabei nicht, sich nicht weiterentwickeln zu wollen. Das muss man im Fußball immer“, philosophierte effzeh-Coach Anfang in der Pressekonferenz.
Dynamo Dresden ist keine Laufkundschaft
Entscheidend für seine Zukunft in seiner Heimatstadt dürfte vielmehr sein, was am Ende der 90 Minuten auf der Anzeigetafel steht. Von guten Leistungen kann sich kein Verein etwas kaufen, auch errumpelte Siege bringen drei Punkte. Doch Dynamo ist keine Laufkundschaft, vor allem auswärts: Seit vier Partien in der Fremde sind die Sachsen ungeschlagen, spielten dabei sogar dreimal zu Null. Eine Statistik, die wieder ein Geduldsspiel für die Kölner erwarten lässt. „Dynamo steht sehr kompakt, sehr eng und sehr gut gestaffelt. Sie kreieren viele Chancen über die Balleroberung im Mittelfeld. Sie haben gute Konterspieler. Es wird wichtig sein, nach Ballverlusten gut ins Gegenpressing zu gehen“, sieht Anfang vor allem die Viererkette hinter dem Stoßstürmer gefordert.
In den Phasen, in denen es nicht gut läuft, lernt man am meisten. In diesen Phasen muss man sich treu bleiben und sich gleichzeitig fragen, welche Dinge man verbessern kann.
Gerade dort passte es in der Heimspielen häufig nicht, da die erste „Abwehrreihe“ der Jungs mit dem Geißbock auf der Brust permanent zu einfach überspielt werden konnte. Gelingt dies auch gegen Dresden nicht, könnte vor allem die schnellen Angreifer der Gäste wie Kone, Duljevic oder Berko für Probleme sorgen. Auf der Gegenseite kommt viel darauf an, dass es der effzeh versteht, mit Tempo und Entschlossenheit sich bietende Lücken zu nutzen. Ein früher Rückstand wie schon gegen Duisburg und Heidenheim könnte dagegen endgültig das Ende vom Anfang einläuten. Es wird, auch um das Vertrauen der effzeh-Fans zurückzugewinnen, höchste Zeit, im eigenen Stadion einen deutlichen Sieg einzufahren. Hück oder nie, Marie!