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Analyse

Das Dresden-Desaster des 1. FC Köln: Geißböcke als Hühnerhaufen

Beim 0:3 in Dresden erwischt der 1. FC Köln einen gebrauchten Tag, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die “Geißböcke” haben tiefliegende Schwierigkeiten, die auch ein Aufstieg nicht übertünchen darf. Unsere Analyse.

DRESDEN, GERMANY - APRIL 21: Simon Terodde of Koeln reacts during the Second Bundesliga match between SG Dynamo Dresden and 1. FC Koeln at Rudolf-Harbig-Stadion on April 21, 2019 in Dresden, Germany. (Photo by Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images)
Foto: Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images

So hieß in einer nahezu ausschließlich enttäuschenden Kölner Mannschaft der einzige Gewinner wohl Jhon Cordoba, der im Angriff der „Geißböcke“ mittlerweile nicht zu ersetzen scheint. Seine Qualitäten gegen Ball und Gegenspieler sind für den effzeh derzeit elementar, die Dynamik und Wucht des Kolumbianers verleihen dem sehr eindimensionalen Spiel des Tabellenführers eine eigene Note, die in Dresden lange fehlte. Aus dem Trio Cordoba-Modeste-Terodde ist es aktuell definitiv der schon als Fehlkauf geschmähte Ex-Mainzer, der seinen Platz in der Startformation sicher haben sollte. Das hätte vor der Saison sicherlich kaum jemand für möglich gehalten. Dass der effzeh trotz dieser Besetzung in der Offensive und eines auch sonst hochkarätig besetzten Kaders solche Offenbarungseide wie an Ostern abliefert, allerdings auch nicht.

Keine Einheit auf und neben dem Platz

Das liegt allerdings auch daran, dass beim 1. FC Köln in dieser Saison auch vier Spieltage vor dem Ende kein halbwegs konstant funktionierendes Gebilde auf dem Rasen steht. Die „Geißböcke“ setzen weiterhin fast ausschließlich auf individuelle Qualität, die die Partien zu ihren Gunsten entscheiden soll. Wie störanfällig dies ist, wenn Einstellung Aufstellung auch dauerhaft überlistet, durften alle effzeh-Fans am Ostersonntag in Dresden bewundern. Dass das Team auf dem Feld längst noch keine Einheit ist, wurde dabei mehr als offensichtlich: Die Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen, die Automatismen in den Abläufen an beiden Ende des Spielfelds, der Zusammenhalt unter den Spielern – all das scheint brüchiger zu sein als die Eisdecke des Decksteiner Weihers nach dem ersten Winterfrost.

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Dazu muss nicht einmal Dominick Drexlers frustgeschwängerte Äußerung nach der Partie, man solle doch die Stars nach der Leistung in Dresden fragen, herangezogen werden. Es scheint zu knirschen im effzeh-Gebälk. Auf dem Rasen giften sich Florian Kainz und Drexler nach einer misslungenen Aktion an, neben dem Platz offenbart die Mannschaft erstmals auch öffentlich Uneinigkeit. Von einem Aufstieg wie 2014, als die „Geißböcke“ als geschlossene Einheit in die Bundesliga gingen, ist der Verein mittlerweile meilenweit entfernt. Aufstiegseuphorie? Weit gefehlt. Stattdessen werden die Verantwortlichen und besonders Trainer Markus Anfang mit einer gehörigen Portion berechtigter Kritik in die Sommerpause gehen. Beste Voraussetzungen sehen anders aus.

Einzig das Punktepolster ist beruhigend

Dennoch: Auch nach dem Desaster in Dresden thront der 1. FC Köln souverän an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Zwar hat er die Möglichkeit vertan, für einen Matchball vor den eigenen Fans zu sorgen und in Müngersdorf die Bundesliga-Rückkehr perfekt zu machen, doch ist der Vorsprung auf die Konkurrenz weiterhin komfortabel. Das liegt allerdings zu großen Teilen auch an der Schwäche der Verfolger aus Hamburg und Berlin. So richtig den Anschein, als würde jemand aus dieser Liga wirklich aufsteigen wollen, macht derzeit niemand. Und auch, wenn nach dem Auftritt vom Sonntag so mancher das Teilnahmerecht an der höchsten deutschen Spielklasse lieber nicht wahrnehmen würde: Es ist immer noch sehr, sehr wahrscheinlich, dass die „Geißböcke“ im Sommer wieder erstklassig sind.

DRESDEN, GERMANY - APRIL 21: Fans of Koeln support their team during the Second Bundesliga match between SG Dynamo Dresden and 1. FC Koeln at Rudolf-Harbig-Stadion on April 21, 2019 in Dresden, Germany. (Photo by Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images)

Foto: Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images

Damit würde das Saisonziel letztlich halbwegs souverän erreicht werden – und doch darf am Geißbockheim nicht die Devise lauten, dass am Ende keiner danach fragen wird, wie die „Mission Wiederaufstieg“ erfüllt wurde. Gerade die letzten Partien haben noch einmal deutlich gezeigt, dass der Kader höheren Ansprüchen einfach nicht genügt. Die Diskrepanz zwischen den eigenen Ambitionen und dem doch eher gräulichen Alltags ist mehr als offensichtlich – und sollte im Sommer Konsequenzen haben. Wie dünn das Nervenkostüm angesichts der eigenen Schwächephase im Saisonendspurt auch bei den Spielern ist, verdeutlichen neben Drexlers Verbalattacke auch zwei weitere Szenen aus Dresden: In der ersten Halbzeit holte sich Hector auf der rechten (!) Seite nach einem Foulspiel und anschließendem Wortgefecht mit dem Schiedsrichter eine Verwarnung ab, in der Nachspielzeit sah dann Kainz die überflüssigste Gelbe Karte des Jahres. Der Österreicher fehlt am Freitag gegen Darmstadt damit gesperrt. Beruhigend ist auch das nicht.

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