Nach einem 0:2-Rückstand gegen den FC Schalke kämpft sich der 1. FC Köln ins Spiel zurück und holt noch einen Punkt – den Abstieg kann man dadurch allerdings wohl nicht mehr verhindern, nach dem Spiel fließen Tränen.
Man hatte irgendwie ein ungutes Gefühl im Vorfeld der Partie gegen den FC Schalke 04 am Sonntag – das kann nicht nur am Wetter gelegen haben. Ein Artikel eines Kölner Fußball-“Blogs” nahm sich an diesem Tag die Worte eines sogenannten Insiders zu Herzen, der darüber berichtete, dass sich beim effzeh nach dem Erfolg gegen Leverkusen in der Länderspielpause “alles verändert” habe. Anstatt die Kraft auf die anstehenden Aufgaben zu verwenden, soll es wohl nur darum gegangen sein, wer nach der Saison wohin wechselt, falls es mit dem Klassenerhalt eben doch nicht klappen sollte. Durch das freie Wochenende habe für viele Berater die Chance bestanden, endlich einmal mit ihren Schützlingen die Situation zu erörtern und abzuklopfen, wie es denn für die kommende Saison aussieht – die Quittung für diese unnötige, aber in diesem Geschäft zwangsläufige Ablenkung bekam man dann beim 0:6 in Hoffenheim, so will es zumindest der “Geissblog.Koeln” erfahren haben.
Den nächsten “Spannungsabfall” beklagte Stefan Ruthenbeck dann nach der Niederlage in der vergangenen Woche in Berlin – und neben der Gesamtsituation ließ dann auch noch die Aufstellung wenig Gutes verheißen.
Vier neue Spieler in der Startelf
Mit vier neuen Spielern in der Startelf wollte der scheidende effzeh-Coach den Schalkern entgegentreten, unter anderem fanden sich die beiden jungen Spieler Özcan und Handwerker unter den ersten Elf, nachdem sie in Berlin gar nicht dabei waren – das muss man auch erstmal wagen. Vincent Koziello und Yuya Osako, beide normalerweise so etwas wie die kreativen Achsenspieler im effzeh-System, saßen auf der Bank.
Jonas Hector spielte sozusagen als Zehner und war dort stets bemüht, manchmal aber auch unglücklich – dennoch war er an den gefährlichsten Kölner Szenen (Vorlage zum 1:2, Vorbereitung von Teroddes großer Chance nach 55 Minuten, eigene Chance nach Abpraller nach etwa einer Stunde) beteiligt. Begeisterung kam beim Kapitän ob der ungewohnten Position allerdings nicht auf, das war ihm auf Nachfrage im Interview mit “SKY” nach der Partie anzumerken.
Knapper Rückstand zur Pause: Fahrlässige Schalker
Dass es ein schwieriger Spätnachmittag werden dürfte, zeichnete sich dann auch bereits nach fünf Minuten ab: Jonas Hector verlor in der Vorwärtsbewegung (nicht nur wegen Standproblemen aufgrund des rutschigen Rasens) den Ball, Naldo bediente mit einem guten Pass Konoplyanka, dessen Querpass Embolo nur noch über die Linie drücken musste. Der Ukrainer hatte in der Anfangsphase seine wahre Freude im Duell mit Frederik Sörensen, weil der Däne ihn zu keinem Zeitpunkt verteidigen konnte und auch durch Marcel Risse dabei nicht unterstützt wurde – so traf Schalkes Außenstürmer erst zum 0:2 und danach noch den Pfosten.
Gerade als der Gedanke, dass der effzeh mit einer Klatsche aus dem vorletzten Heimspiel gehen würde, sich verfestigte, die Stimmung zu kippen drohte und erste “Vorstand raus”-Gesänge angestimmt wurden, sendete der effzeh ein Lebenszeichen: Terodde verarbeitete den Ball gut, der bemühte Hector steckte auf Bittencourt durch und dieser überwand Fährmann zum Anschlusstreffer.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Damit war das Spiel wieder offen, der effzeh hatte aber dennoch Glück, mit einem knappen Rückstand in die Pause zu gehen – Konoplyankas versuchter Heber gegen Horn war wohl einer der Gründe dafür, warum Schalke-Coach Domenico Tedesco seiner Mannschaft nach der Partie attestierte, dass man “arroganter wohl nicht spielen” könne.
Risses Freistoß sorgt für ein glückliches Remis
So allerdings war das Spiel noch offen und der effzeh zeigte durchaus Mentalität. Der körperliche Einsatz stimmte, auch wenn spielerisch vieles nicht funktionierte. “Die Mannschaft hat nicht aufgegeben, beißt, kämpft und sorgt für den Ausgleich”, fasste Trainer Ruthenbeck die Einstellung seiner Schützlinge nach der Partie zusammen. Marcel Risse erzielte wenige Minuten vor dem Ende unter gütiger Mithilfe von Schalkes Keeper den Ausgleichstreffer, zu mehr sollte es dann aber erneut nicht reichen.
Auf der nächsten Seite: Vieles wie immer – und viele Tränen
Denn wie so oft in dieser Saison demonstrierte auch dieses Spiel, warum es nach 34 Spieltagen in die zweite Liga geht: Der 1. FC Köln fand eigentlich nie so richtig zu einer soliden defensiven Kompaktheit (ein Wunder eigentlich, dass Schalke das nicht ausnutzte) und hatte auch mit dem Ball am Fuß Probleme. Die simple Maßnahme, mit Marco Höger einen Spieler durch Mannorientierung durch di Santo aus dem Spielaufbau zu nehmen, sorgte für große Probleme im Spiel nach vorne.
Ansonsten passierte eben das Übliche: Auf den Sitzplätzen lagen Klatschpappen; Marcel Risse führte einen Freistoß schnell aus und spielte einen Schalker an, danach schoss er mit einem eben solchen Heintz ab; Naldo holte sich bei jeder Standardsituation den Kopfball; Jhon Cordoba wurde bei seiner Einwechslung von den eigenen Fans ausgepfiffen (!). Szenen zum Kopfschütteln.
Nach dem Spiel fließen wieder Tränen beim 1. FC Köln
Positiv jedoch: Die beiden Youngsters Özcan und Handwerker erledigten ihre Aufgabe in einer nicht nur für sie schwierigen Situation gut, Özcan war wie immer eifrig, verlor dabei aber auch viele Bälle. Die Passqualität stieg durch die Hereinnahme von Koziello. Handwerker konnte ein paar gute Bewegungen mit dem Ball am Fuß und somit seine Perspektive für die kommende Saison zumindest ansatzweise nachweisen. Mit unbändigem Einsatz überzeugten auch Marco Höger und Dominic Maroh, bei letzterem würde man sich wünschen, dass sein Vertrag alsbald verlängert würde – es scheint, als ob er neben seinem sportlichen Leistungsvermögen auch elementar wichtige psychologische Elemente in den Kader einbringt.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Erstaunlich gut war auch die Unterstützung von den Rängen, die Mannschaft wurde nach dem Spiel mit Applaus verabschiedet. Dass ein Tabellenachtzehnter nach dem nun fast sicheren Abstieg und einer insgesamt sehr schwierigen Saison dermaßen positiv unterstützt und dann auch verabschiedet wird, ist wahrscheinlich europaweit einmalig.
Die Folge war, dass einigen effzeh-Spieler nach Abpfiff wieder ihren Tränen freien Lauf ließen. Ob es am so gut wie feststehenden Abstieg oder daran liegt, dass mancher schon weiß, dass er den Verein verlassen wird, ist freilich nicht bekannt. Es waren jedenfalls bittere Bilder.
Hier. Die Szene der beiden. #effzeh pic.twitter.com/ZZAtY77PFI
— Lars Wittenberg (@larswittenberg) April 22, 2018
An dieser Stelle ein kleiner Ratschlag dazu: Wenn man so sehr an einem Verein und an seinen Fans hängt, wie diese Szenen den Anschein machen, wäre es vielleicht gar nicht die schlechteste Idee, mit in die zweite Liga zu gehen und die Sache wieder gerade zu biegen. Verboten ist das schließlich nicht.
Bittencourt: “Danke für alles!”
Völlig verständlich ist es aber auch, wenn sich manche Spieler nun verabschieden, um weiterhin in der Bundesliga oder einer anderen gleichwertigen ersten Liga zu spielen. Doch gerade bei den langjährigen Kölner Spielern sind die Emotionen deutlich sichtbar – ob an Tränen oder den Interviews nach dem Spiel. Auch auf dem Platz konnte man Spielern wie Bittencourt oder Hector anmerken, dass sie weder absteigen, noch Köln verlassen wollen. Insgesamt hat die Mannschaft ihrer Ankündigung, sich nicht hängen lassen zu wollen, zumindest am 31. Spieltag durchaus Taten folgen lassen.
Dennoch wird sich das Unvermeidbare, trotz einmaligem Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft und trotz all den vergossenen Tränen, wohl nicht mehr abwenden lassen. Das dürfte spätestens am Sonntag jedem klar geworden sein. “Danke für alles, ihr seid spürbar anders!” schrieb Bittencourt in der Nacht zu Montag bei Instagram in Richtung der Kölner Fans. Die üblichen Mechanismen des Geschäfts, sie werden wohl auch bei dieser Kölner Mannschaft greifen.