Am Ende einer eigentlich belanglosen Pressekonferenz sprach Steffen Baumgart das aus, was rund um den 1. FC Köln jeder hören wollte. „Jetzt geht es nur darum, das Ziel zu erreichen, was wir nicht aussprechen wollten. Also, rufen wir Europa aus! Los gehts“, verkündete der FC-Coach eine Revision der Ambitionen für den Saisonendspurt. „Absteigen können wir nicht mehr, also sollten wir nach oben schauen. Wir wollen so hoch wie möglich kommen. Also wollen wir alles daransetzen, diesen Traum zu ermöglichen. Ich muss nicht mehr drum herumreden. Wir wollen so gut wie möglich abschneiden. Und wenn es geht, lasst uns doch international angreifen.“
Markige Worte vor dem Derby bei Borussia Mönchengladbach, einst der absolute Angstgegner der „Geißböcke“. Die letzten beiden Prestigeduelle der rheinischen Rivalen konnte der FC allerdings für sich entscheiden, zuletzt gab es es im Müngersdorfer Stadion in der Hinrunde einen deutlichen 4:1-Erfolg für die Kölner. Überhaupt ist von den „garantierten sechs Punkten“, die die Spiele gegen den FC den Mönchengladbachern angeblich versprechen, mittlerweile nicht mehr viel übrig. Oft gelang ein solcher Sweep den „Fohlen“ in der jüngeren Vergangenheit nicht, stattdessen ist die Bilanz zwischen den Erzrivalen seit 2014 für Derby-Verhältnisse ziemlich ausgeglichen: Fünf Kölner Siege stehen einem Remis und sieben Mönchengladbacher Erfolge entgegen.
“Wir wollen alles daransetzen, diesen Traum zu ermöglichen!”
Dennoch liegt die Borussia im Gesamtvergleich noch äußerst deutlich vorn, weshalb auch die angeschlagenen Töne aus Köln zwar für das Saisonziel angriffslustig daherkommen, für das Derby allerdings deutlich defensiver formuliert werden. Obwohl die „Geißböcke“ in der Tabelle sechs Punkte sowie drei Plätze vor den Gladbachern liegen und das Hinrunden-Duell deutlich für sich entscheiden konnten, sieht rund um das Geißbockheim niemand die Favoritenrolle bei sich. Gut aufstellt sei die Borussia und werde in der kommenden Saison wieder eine ganz andere Rolle spielen, betonte Baumgart – ihm war der Respekt vor der Aufgabe am Samstagabend am Niederrhein dabei durchweg anzumerken.
Ausgangslage
Das liegt auch daran, dass die „Fohlen“ rechtzeitig zum Derby wieder in Form gekommen sind. Zehn Punkte aus den vergangenen vier Partien: Die Gladbacher um Trainer Adi Hütter haben sich mit dem kurzen Zwischenspurt nicht nur aus dem Abstiegskampf verabschiedet, sondern schnuppern sogar wieder ein wenig Höhenluft – Platz sieben ist durchaus noch im Bereich des Möglichen, setzt die Borussia ihren Aufwärtstrend bis Saisonende unverändert fort. Ein Aufwärtstrend, den sie auch ihrer Offensivabteilung zu verdanken hat: Alassane Plea, Marcus Thuram und Breel Embolo, allesamt hatten sie eine schwierige Saison, allesamt kommen sie im Endspurt wieder ins Rollen. Zehn der letzten elf Bundesliga-Treffer der Mönchengladbacher konnte das Offensivtrio erzielen.
Beim FC steht insbesondere die Moral der Mannschaft im Fokus, konnten die „Geißböcke“ doch am vergangenen Wochenende einen 0:2-Rückstand gegen Mainz in einen 3:2-Heimsieg drehen. Durch den Erfolg rückten die Baumgart-Schützlinge wieder näher an die Plätze heran, die in der kommenden Saison Auftritte im internationalen Geschäft bedeuten würden. Als Achter liegen die Kölner mit 43 Punkten nun im Windschatten der Konkurrenz aus Berlin und Hoffenheim (beide 44) vor sich. Der Blick geht nicht nur am Geißbockheim also nach oben – und was käme da passender als ein Sieg im Derby? Die „Geißböcke“ würden damit zugleich zu Ostern die Fans mit einem seltenen Erfolg beim Erzrivalen beschenken und darüber die Hoffnung auf eine Europapokal-Teilnahme nähren.
So lief das Hinspiel
Derbysieger 1. FC Köln – die Zauberworte, die jeden FC-Fan zur Verzückung bringen. 4:1 hieß es Ende November vor 50.000 Zuschauern im Müngersdorfer Stadion für die „Geißböcke“, die ihren rheinischen Rivalen durch den zweiten Derbysieg hintereinander in der Tabelle überholen konnten. Nach einer intensiven ersten Hälfte mit Chancen auf beiden Seiten nahm das Derby im zweiten Durchgang noch einmal mehr Fahrt auf. Dejan Ljubicic (55.) brachte den FC mit seinem Bundesliga-Tordebüt in Front, Jonas Hofmann (74.) glich für die Gäste verdient aus. Doch die Baumgart-Elf antworte unwiderstehlich: Mark Uth (77.), Ondrej Duda (78.) und Sebastian Andersson (90.+3) ließen das Müngersdorfer Stadion erbeben und den FC einen klaren Derbysieg feiern.
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Schlüsselspieler
Rechtzeitig zum Derby wieder fit ist der wohl wichtigste Spieler bei den „Fohlen“ in dieser Saison. Jonas Hofmann brennt nach überstandenem Muskelfaserriss auf sein Startelf-Comeback – ausgerechnet gegen den 1. FC Köln, dem er im Hinspiel den zwischenzeitlichen Ausgleich einschenken konnte. “Es fühlt sich gut an, wieder da zu sein“, betonte der Nationalspieler im Anschluss an seine Rückkehr beim 2:0-Auswärtssieg in Fürth und versicherte, wieder bei 100 Prozent zu sein. Auch Mönchengladbachs Coach Adi Hütter freut sich, den Allrounder wieder zur Verfügung zu haben: „Jonas brennt dafür, endlich wieder dabei zu sein und ist sehr froh, dass er von seiner Verletzung nichts mehr spürt. Er ist auch einer, der schon mehrere Derbys gespielt hat, spielbestimmend auftritt und uns sicherlich am Samstag auch wieder helfen wird.“
“Wir müssen die nötige Intensität auf den Rasen bringen, wir werden auf eine eklige Truppe treffen.”
Beim 1. FC Köln wird es am Wochenende einmal mehr auf Salih Özcan ankommen. Nach dem Mainz-Spiel als „unersetzbar“ geadelt von Steffen Baumgart wird der türkische Neu-Nationalspieler vermutlich wieder von Beginn an spielen dürfen. Das ist ein gutes Zeichen, denn mit Özcan auf dem Platz haben die „Geißböcke“ bislang jedes Spiel gewinnen können. Vier Mal kam das FC-Eigengewächs im Derby zum Einsatz, vier Mal ging Köln als Sieger vom Feld. „Ich hoffe, dass meine Serie gegen Gladbach hält und ich auch das fünfte Spiel gegen sie gewinnen werde“, sagt der Derby-Experte der Domstädter vor dem Prestigeduell der rheinischen Rivalen und prophezeit: „Wir müssen die nötige Intensität auf den Rasen bringen, wir werden auf eine eklige Truppe treffen. Nach der 1:4-Niederlage aus dem Hinspiel wollen die Gladbacher sicherlich etwas wiedergutmachen.“
Top-Fakt
Der 1. FC Köln könnte mit einem Auswärtserfolg im rheinischen Derby erstmals seit 32 Jahren drei Bundesliga-Duelle gegen Borussia Mönchengladbach in Folge gewinnen. Zuletzt gab es drei Siege in Serie für die „Geißböcke“ im Aufeinandertrefen mit dem Erzrivalen 1989 und 1990 unter Christoph Daum (3:1 in Köln im April 1989, 2:0 in Gladbach im September 1989 und 3:0 zuhause im April 1990).
Das sagen die Trainer
Adi Hütter (Mönchengladbach): „Fußball ist begeisternd, emotional, ansteckend. Und ich liebe Emotionen. Erstmals seit zwei Jahren wieder ein Spiel vor mehr als 50.000 Zuschauern im Borussia-Park zu bestreiten, ist etwas Außergewöhnliches. Hinzu kommt die lange Geschichte zwischen diesen beiden Vereinen, das macht es sportlich noch brisanter. Ich freue mich auf eine tolle Atmosphäre, auf ein Spiel, in dem alles drin sein wird, und wünsche mir, dass wir am Ende den Platz als Sieger verlassen werden. Es wird ein sehr wichtiges Spiel für uns alle. Wir werden uns mit der bestmöglichen Mannschaft auf den Platz begeben und letztlich um die drei Punkte fighten. Wir wollen gewinnen. Das ist das, was für uns zählt.“
“Wir freuen uns auf das Derby. Es gibt diese Rivalität schon sehr lange.”
Steffen Baumgart (Köln): „Wir freuen uns auf das Derby. Es gibt diese Rivalität schon sehr lange. Es ist ein sehr starker Gegner mit einer hohen Qualität. Zehn Punkte aus den vergangenen vier Partien zu holen, ist eine Ansage – gerade in der Situation, aus der sie gekommen sind. Sie werden gegen uns gut vorbereitet sein. Das ist aber das, was man in einem Derby erwarten sollte. Gladbach hat ihre Situation verbessert, sodass dort alle etwas ruhiger schlafen können. Jetzt geht es ums Derby. Da wollen sie nicht nur gewinnen, sondern wir auch. Dementsprechend sollte die Intensität sein. Darauf wird es ankommen.“
So könnte der FC spielen
Schwäbe – Schmitz, Kilian, Hübers, Hector – Skhiri, Özcan – Ljubicic, Uth, Kainz – Modeste