Im englischen Original von David Seymour für totalfootballanalysis.com
Eine neue Liga, ein neuer Trainer: Nach der Trennung von Markus Anfang, der auf der Zielgeraden der vergangenen Spielzeit entlassen wurde, entschied sich der 1. FC Köln bei der Suche nach einem Nachfolger für Achim Beierlorzer. Der gebürtige Franke, zuvor beim SSV Jahn Regensburg tätig, ist der dritte Coach seit der Trennung von Peter Stöger im Dezember 2017 und soll den Aufsteiger bei dessen Bundesliga-Rückkehr in der höchsten deutschen Spielklasse etablieren.
Sicherlich eine interessante Entscheidung der „Geißböcke“, zumal Beierlorzer bei seinen beiden vorherigen Vereinen in Regensburg und Leipzig zusammen nicht mehr als 40 Prozent seiner Spiele für sich entscheiden konnte. In dieser Analyse werden wir ergründen, welche Tendenzen sich bereits nach drei Bundesliga-Spielen im taktischen Verhalten der Kölner zeigen und wo die Stärken beziehungsweise Schwächen der Mannschaft in den bisherigen Begegnungen unter dem neuen Cheftrainer liegen.
"Beierlorzer wants his team to aim for the space between the edge of the six-yard box and the penalty spot."@davidseymour_ takes a look at how the new @fckoeln head coach Achim Beierlorzer is doing so far#effzeh #Bundesliga #tactics #analysishttps://t.co/0RWQlGfhXf pic.twitter.com/ZdiGOlTr53
— Total Football Analysis (@TotalAnalysis) September 10, 2019
So lief die bisherige Saison des 1. FC Köln
Im DFB-Pokal schaffte der 1. FC Köln den Sprung in die 2. Runde – wenngleich auch mit einiger Mühe. Beim Zweitliga-Aufsteiger Wehen Wiesbaden setzten sich die „Geißböcke“ erst im Elfmeterschießen durch. In der Bundesliga gelang dem effzeh derweil ein Sieg aus den ersten drei Partien – das Auftaktprogramm hatte es für den effzeh wahrlich in sich. Nach Niederlagen in Wolfsburg und gegen Borussia Dortmund feierte das Beierlorzer-Team ein Erfolgserlebnis beim SC Freiburg, der zuvor mit zwei Siegen in die Saison gestartet war.
Die Startaufstellung des 1. FC Köln beim SC Freiburg | Quelle: buildlineup.com
Doch auch die nächsten Aufgaben werden nicht leichter für die Kölner: Zuerst steht das Derby gegen Borussia Mönchengladbach auf dem Programm, dann reisen die „Geißböcke“ pünktlich zum Oktoberfest-Start zum Rekordmeister Bayern München. Bis jetzt setzte Beierlorzer auf ein klares 4-4-2-System – in drei der vier Pflichtspielen war der effzeh in dieser Formation unterwegs, die bereits über weite Strecken der Vorbereitung einstudiert worden war. Das ist ein großer Unterschied zur Vorsaison, als die Mannschaft zumeist mit fünf Mittelfeldspielern agierte – zumeist in einer 3-5-2-Grundordnung oder einem 4-1-4-1.
Das hat sich unter Beierlorzer verändert
In der vergangenen Saison setzte der 1. FC Köln vornehmlich auf Ballbesitzfußball und zeigte dabei eine hohe Qualität im Passspiel. Die Mannschaft spielte 14,5 Pässe pro Spielminute – absolute Spitze in der 2. Bundesliga. Auch bei so genannten „progressive passes“ war der effzeh das beste der 18 Teams. Dabei bauten die „Geißböcke“ ihr Spiel zumeist ruhig und geduldig aus der eigenen Defensive auf: Die Gegner erlaubten den Kölner 11,52 Pässe pro Defensivaktion, während man selbst den Druck gegen den Ball hochhielt und nur 8,18 Pässe pro Defensivaktion (Ligaschnitt: 9,29) zulies.
Es ist selbstverständlich schwierig, diese Zahlen mit der laufenden Spielzeit zu vergleichen. Zum einen sind erst wenige Partien in der Saison gespielt, zum anderen spielt der 1. FC Köln nun in einer anderen Liga mit einer deutlich anderen Ausgangslage. Trotzdem: Die Daten deuten bereits an, dass die „Geißböcke“ unter Achim Beierlorzer einen deutlich direkteren Ansatz wählen als noch im Vorjahr unter Markus Anfang. Der effzeh führt die Bundesliga nach drei Spieltagen an, was lange Pässe anbetrifft – 55 pro Spiel, weit mehr als der bei 42,78 Pässen liegende Ligadurchschnitt.
Viel Wert auf lange Bälle
Fast drei Fünftel aller langen Pässe finden dabei den Weg zum Mitspieler – ein durchaus ordentlicher Wert. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Beierlorzer diese Qualitäten im Kölner Spiel analysiert hat und nun vermehrt zum Einsatz bringen will. Das zeigt auch ein Blick in die Zahlen: Schon in der vergangenen Saison war die Mannschaft besonders bei der Genauigkeit der langen Pass in der Spitzengruppe der 2. Bundesliga zu finden: 61 Prozent aller Anspiele dieser Art kamen beim Mitspieler an – der zweitbeste Wert. Auch schon damals wurde das Mittel vermehrt genutzt: 51,45 lange Pässe pro Partie, die achtmeisten in der 2. Bundesliga, sprechen eine deutliche Sprache.
Foto: UWE KRAFT/AFP/Getty Images
Und doch hat sich der Ansatz unter Beierlorzer deutlich geändert, wenn man auf die ersten Partien dieser Saison blickt: Fast jeder fünfte Pass (19,14 Prozent) im Spiel des 1. FC Köln ist ein langer Ball – der höchste Anteil in der Bundesliga. Das ist auch der große Unterschied zu den Auftritten in der vergangenen Spielzeit, denn in der Summe (2018/19: 51,45, 2019/20: 55) liegt die Anzahl der langen Bälle im Spiel nicht weit auseinander. Doch der relative Anteil der langen Bälle an der Gesamtheit des Kölner Passspiels ist eben signifikant gestiegen – waren doch unter Markus Anfang nur 11,5 Prozent der Pässe lange Bälle.
Auf der nächsten Seite: Das Trio für die langen Bälle,
Flankenfokus des 1. FC Köln und Zielspieler Anthony Modeste
Diese Entwicklung schlägt sich in diesem frühen Stadium der Saison auch im Ligavergleich nieder: Waren die „Geißböcke“ in der vergangenen Saison in der 2. Bundesliga noch das Team mit den meisten Pässen pro Spiel, zählen sie nun mit lediglich 302,19 Anspielen in 90 Minuten zu den schwächsten fünf Mannschaften im Wettbewerb. In der Passgenauigkeit rangiert der effzeh sogar auf einem Abstiegsplatz: Nur 76,7 Prozent aller Anspiele der Kölner Kicker kommen beim Mitspieler an. Auch in Sachen „progressive passes“ sind die Beierlorzer-Schützlinge im Ligavergleich im Tabellenkeller angesiedelt.
Das Gros der langen Bälle, die der 1. FC Köln spielt, vereint derweil ein Trio auf sich: Torwart Timo Horn, Kapitän Jonas Hector und Neuzugang Sebastiaan Bornauw zeichnen sich für über die Hälfte dieser Anspiele verantwortlich. Hector und Bornauw zählen zu den Top-20 der Bundesliga, wenn es um die Genauigkeit ihrer langen Bälle geht, liegen dabei allerdings deutlich hinter Spitzenreiter Niklas Moisander zurück. Der routinierte Finne in Diensten von Werder Bremen bringt fast 72,5 Prozent seiner Anspiele über die Distanz an den Mann, bei den beiden Kölnern liegt die Erfolgsquote über 20 Prozent dahinter.
Auch wenn etwa die Hälfte dieser langen Bälle aus der effzeh-Defensive den Weg zum Mitspieler finden, scheint diese Bilanz nicht die Herangehensweise der Kölner in den bisherigen Partien zu rechtfertigen. Eine Herangehensweise, die das Team nicht von der Qualität des Gegners abhängig zu machen scheint: Gegen Freiburg – eine Mannschaft, die zu den schwächeren zählt, wenn es um zugelassene Pässe pro Defensivaktion geht – spielten die Beierlorzer-Schützlinge 74 lange Bälle. Zum Vergleich: Gegen Wolfsburg waren es nur 48, gegen Dortmund 54. Besonders gegen den BVB stach der lange Ball als taktische Mittel auch statistisch heraus: Weil der effzeh nur 28,33 Prozent des Ballbesitzes hatte, war fast jeder vierte Pass ein langer. Der höchste Anteil in der bisherigen Saison!
Der Flankenfokus beim 1. FC Köln
Der 1. FC Köln legt offenbar großen Wert auf Flanken: 16,25 pro Spiel bedeuten den vierthöchsten Wert in der Bundesliga – 32,7 Prozent davon finden ihren Weg zum eigenen Mitspieler, knapp über dem Ligadurchschnitt. Dabei ist vor allem die Richtung auffällig: Hatte der effzeh in der vergangenen Saison noch vermehrt den Fünfmeterraum von außen attackiert (nur Anfangs vorherige Mannschaft Holstein Kiel machte dies häufiger), ging nun lediglich eine von 52 Flanken in diesen Bereich.
Quelle: totalfootballanalysis.com
Auf der oben zu sehenden Grafik sind die Areale, die die Beierlorzer-Schützlinge im Spiel beim SC Freiburg mit einer Flanke zu erreichen versuchten, sehr schön veranschaulicht. Diese Visualisierung ist durchaus repräsentativ für die bisherige Ausrichtung der Mannschaft unter ihrem neuen Trainer. Beispielsweise ist über die drei Bundesliga-Partien hinweg keine dominante Seite zu erkennen, von der die Flanken geschlagen werden. Unter Vorgänger Markus Anfang hatte der effzeh noch vermehrt von der rechten Seite aus versucht, Hereingaben in den Strafraum zu bringen. 165 Flanken mehr als von links – eine Bilanz mit klarem Muster.
Beierlorzer hält seine Mannschaft offensichtlich dazu an, per Hereingabe den Bereich zwischen der Grenze des Fünfmeterraums und dem Elfmeterpunkt anzuvisieren. Eine Strategie, die sich bis jetzt für den 1. FC Köln bezahlt gemacht hat: Fünf der sieben Tore, die die „Geißböcke“ in den vier Pflichtspielen dieser Saison erzielt haben, fielen nach Flanken. Als Beispiel sei hier der Anthony Modestes Kopfballtreffer zum Ausgleich in Freiburg genannt. Skhiris Flanke aus dem linken Halbfeld fand den Franzosen, der wuchtig einnickte.
Der Zielspieler namens Anthony Modeste
Eine Szene, die auch zeigt, weshalb Achim Beierlorzer großen Wert darauf legt, die Kopfballstärke von Anthony Modeste ins Kölner Spiel einzubinden. Ein Großteil der langen Pässe werden auf den Franzosen geschlagen, der als Zielspieler diese Bälle entweder festmachen oder direkt zu seinen Mitspielern weiterleiten soll. Dass der 30-Jährige vor dem gegnerischen Tor für Gefahr sorgen kann, sollte hinlänglich bekannt sein. Oft lauert er in der Zone zwischen Fünfmeterraum und Elfmeterpunkt, dort setzt er auch seine Torschüsse ab – in genau jenem Bereich, auf dem der Schwerpunkt der Flanken beim 1. FC Köln liegt.
Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images
Wie stark Modeste in der Luft ist, beweisen die Zahlen aus der laufenden Spielzeit: Modeste gewinnt über 60 Prozent seiner Kopfballduelle – einzig Wolfsburgs Wout Weghorst und Dortmunds Mats Hummels können eine bessere Bilanz vorweisen. Kaum verwunderlich, dass das einzige Saisontor des Franzosen natürlich ein Kopfballtreffer war. Noch in der vergangenen Spielzeit wurde diese Qualität nur wenig ins Spiel gebracht: Nur eins von sechs Saisontoren erzielte Modeste mit dem Kopf. Zwar gewann er ebenfalls starke 60,6 Prozent seiner Luftzweikämpfe, doch war lediglich in insgesamt 38 dieser Duelle verwickelt. 2019/20 ging der Stürmer bereits in 33 Kopfballduelle.
Beierlorzer dürfte dies bei seiner Analyse sicherlich aufgefallen sein – auch deshalb ist Modeste ein wichtiger Faktor für die Spielweise, die der 1. FC Köln in dieser Saison bislang an den Tag legt. Doch trotz der besseren Einbindung des Torjägers hat der effzeh durchaus Probleme in der Offensive: Vier Treffer erzielten die „Geißböcke“ in den drei bisherigen Partien, der xG-Wert lag dabei lediglich bei 2,83. Waren die Kölner in der vergangenen Spielzeit noch das treffsicherste Team der 2. Bundesliga (84 Tore in 34 Spielen), sind sie eine Spielklasse höher bisher die Mannschaft mit der schlechtesten Schussgenauigkeit: Lediglich 20,7 Prozent der Abschlüsse kommen aufs Tor.
Auf der nächsten Seite: Flexible Angriffsformationen,
präsentes Pressing und starke Standardsituationen
Auf dem Weg nach vorne setzt Beierlorzer weniger auf ein starres System. Er gibt den Akteuren entsprechende Freiheiten, lässt den zweiten Angreifer neben Modeste und den Flügelspielern Raum zum Rochieren. So entsteht aus einer Grundordnung mit zwei Stürmern immer wieder ein 4-3-3 mit einem der beiden Außenbahnspielern in vorderster Front, während der andere sich etwas zurückzieht und mittiger postiert.
Im Normalfall orientiert sich der offensivere Flügelstürmer dann zu Anthony Modeste und agiert als zweiter Stürmer, während dann zumeist der zweite Angreifer den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld der Gegner zu besetzen sucht. Es wäre einfach, den effzeh als ein Team zu brandmarken, das lediglich lange Bälle schlägt, doch gerade dieses Offensivverhalten beweist Beierlorzer Mut zur Attacke. Er ermutigt seine Außenverteidiger, hoch zu stehen und früh zu stören. Das soll gerade bei einer offensiven Dreierreihe, die Richtung Mitte tendiert, die notwendige Breite ins Kölner Spiel bringen. So kann der effzeh mit fünf bis sieben Spielern angreifen – durchaus eine mutige Herangehensweise.
Ein Blick auf die FC-Defensive
Bereits sechs Gegentreffer musste der 1. FC Köln in den drei Partien hinnehmen. Etwas unglücklich, wie ein Blick auf die xGA-Daten zeigt: Mit einem Wert von 2,72 liegen die „Geißböcke“ bei den Expected Goals Against deutlich unter der eigentlichen Zahl der Gegentore, nur Bayern und Wolfsburg stehen in Sachen xGA nach drei Spieltagen noch besser da. Das liegt vor allem daran, dass der effzeh die Lufthoheit im eigenen Strafraum sein Eigen nennen kann: Bornauw als auch Rafael Czichos sind unter zehn besten Spielern, was die Quote der gewonnen Kopfballduelle im Sechzehner anbetrifft – Hector liegt knapp dahinter auf Rang elf.
Darüber hinaus will Beierlorzer sein Team den Gegner früh unter Druck setzen sehen: Gegen Freiburg und Wolfsburg ließen sie nur 6,3 beziehungsweise 5,86 Pässe pro Defensivaktion zu. Nur im Heimspiel gegen den BVB veränderte er die Herangehensweise, der spielstarke Titelkandidat brachte es auf 16,12 Pässe pro Kölner Defensivaktion. Gegen das passsichere Aufbauspiel der Dortmunder um Weltmeister Mats Hummels sollten die „Geißböcke“ nicht zu hoch pressen, um den pfeilschnellen Außenstürmern Jadon Sancho und Thorgan Hazard nicht zu viel Raum zu geben.
I broke down Achim Beierlorzer's tactics at @fckoeln which include:
Long passing Crossing Use of a target man Various attacking and defensive shapes Set-pieces and goal-kicks Please have a read! https://t.co/BgJqGyp2g8
— David Seymour (@DavidSeymour_) September 10, 2019
Lässt man diese Partie außen vor und würde nur die Begegnungen in Freiburg und in Wolfsburg in Betracht ziehen, wäre der effzeh das zweitaggressivste Pressingteam der gesamten Bundesliga. Das zeigt sich auch in der taktischen Ausrichtung der Beierlorzer-Schützlinge: Beide Stürmer und die Flügelspieler sollen bereits früh den Spielaufbau des Gegners stören und dessen Defensive unter Druck setzen. Während der vordere Angreifer hierbei ballorientiert presst, konzentrieren sich die drei weiteren Spieler zuvorderst darauf, die entsprechenden Räume zuzustellen.
Anspruchsvolle Rollen auf außen
Beierlorzer ermutigt seine Flügelspieler geradezu, in diesem frühem Stadium bereits mit dem Anlaufen zu starten, aber sich bei gegnerischem Ballbesitz in anderen Bereichen des Platzes zurückfallen zu lassen. Gerade in der eigenen Hälfte sollen so zwei dicht gestaffelte Viererkette das eigene Tor verteidigen. Während sich die Abwehrreihe dabei eng zusammenzieht und diese Ausrichtung auch bei langen Bällen hinter die Ketten nicht verändert, sorgen die Flügelspieler im Mittelfeld für die entsprechende Breite im Defensivverhalten.
Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images
Das Spielsystem verlangt viel von den Außenpositionen – und sie sind enorm wichtig für die Mannschaft, ob im laufintensiven Pressing oder in der eigentlichen Abwehrarbeit. Grundsätzlich sind sie nicht nur in den verschiedenden Phasen des Defensivverhaltens enorm wichtig, sondern auch im Umschaltspiel nach eigenem Ballgewinn. Dann sollen die Flügelspieler möglichst schnell die beiden Stürmer unterstützen und in die Tiefe des Raumes durchstarten. Diese überfallartigen Angriffe einzuleiten und zu begleiten: Eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe für die beiden Flügelspieler beim 1. FC Köln.
Der wichtige zweite Pfosten bei Ecken
Nach drei Spieltagen ist es gerade bei den Freistößen noch zu früh, einen wie auch immer gearteten Variantenreichtum im Spiel der „Geißböcke“ zu erkennen. Doch besonders bei Eckbällen lassen sich in den vergangenen beiden Partien bereits Muster erkennen: Vor den Eckstößen der Kölner sollten die Gegner gewarnt sein, 26,4 Prozent aller Versuche endete mit einem Torabschluss. Bis auf eine Ausnahme zeichnete Birger Verstraete gegen Dortmund und in Freiburg für die Kölner Ecken verantwortlich. Zumeist versucht er den Ball Richtung Fünfmeterraum zu bringen – wie der effzeh diese Hereingabe attackiert, wechselt von Ausführung zu Ausführung.
Der Schwerpunkt der Beierlorzer-Schützlinge liegt hierbei darauf, möglichst viele Spieler in die Zone rund um den Fünfmeterraum zu bringen – egal, ob einlaufend oder bereits dort platziert. Eine Konstante allerdings in den verschiedensten Variationen der Standards ist ein Spieler am zweiten Pfosten, der zur Stelle sein soll, wenn der Ball bis dort durchrutscht oder gar dorthin verlängert wird. Erfolgreiches Paradebeispiel für diese Strategie ist der Führungstreffer gegen Borussia Dortmund: Skhiri verlängert Verstraetes Eckball, am zweiten Pfosten nickt Drexler zum 1:0 ein.
Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images
Bei diesem Treffer zeigte sich auch darüber hinaus die von Beierlorzer bevorzugte Herangehensweise an einen Eckball: Vier Spieler beanspruchen am Fünfmeterraum in Nähe des ersten Pfostens die Aufmerksamkeit der gegnerischen Defensive inklusive des Torwarts, während am zweiten Pfosten ein Angreifer auf die Hereingabe lauert. Von der Strafraumgrenze kommt noch ein weiterer Spieler hinzu, der mit einem Lauf zum ersten Pfosten für weitere Verwirrung sorgt. Nutznießer ist dann weiter hinter der freistehende Angreifer am zweiten Pfosten.
Variationen und Konstanten beim Abstoß
Beim Abstoß zeigt sich derweil ein anderes, interessantes Muster: Wie Timo Horn das Spiel initiiert, hängt sehr von der Spielausrichtung des Gegners ab. In Freiburg, als der Gegner wenig Wert auf hohes Pressing legte, wurden alle neun Abschläge lang geschlagen. Gegen den pressenden BVB allerdings wurde jeder Abstoß kurz ausgeführt. Beierlorzer wollte so den Gegner locken, um dann mit langen Bällen die hochstehende Abwehrreihe zu überspielen.
Eine gleichbleibende Ausrichtung ist jedoch bei jedem Abstoß zu verzeichnen: Die beiden Innenverteidiger stehen in weitem Abstand im eigenen Strafraum, während sich Jonas Hector fast an der Seitenlinie der linken Außenbahn als Passoption anbietet. Rechtsverteidiger Kingsley Ehizibue dagegen rückt nach innen ein. Den sich so bietenden Raum im Zentrum nutzt einer der beiden Sechser (für gewöhnlich Verstraete), um sich für den Spielaufbau anzubieten.
Fazit
Vor dem 1. FC Köln und Achim Beierlorzer liegt noch viel Arbeit, soll das Saisonziel Klassenerhalt erfüllt werden. Der neue Trainer hat ein Team vorgefunden, das in der vergangenen Spielzeit als Zweitliga-Meister souverän mit sechs Punkten Vorsprung aufgestiegen ist. Dennoch veränderte Beierlorzer das Spielsystem in einigen Bereichen radikal – vielleicht unter dem Eindruck, dass es die Mannschaft in der Bundesliga mit dem Ballbesitzfußball aus dem Vorjahr sehr schwer haben würde.
Es wird interessant zu sehen sein, wie sich die „Geißböcke“ in den kommenden Monaten entwickeln werden und ob das Team bei dieser Philosophie bleibt. Der effzeh besitzt unbestreitbar einige Stärken, auf die Beierlorzer auch bewusst setzt. Allerdings sind auch unübersehbare Schwächen vorhanden, die die Kölner angehen müssen, um auch in der kommenden Saison erstklassig zu sein.
Im englischen Original von David Seymour für totalfootballanalysis.com