Wer nach dem Abpfiff in die fröhlichen Gesichter der Profis des 1. FC Köln schaute, der verstand, welchen Big Point die „Geißböcke“ am Sonntag in Heidenheim eingefahren hatten. Mit dem 2:0-Auswärtssieg beim Pokalschreck von der Ostalb vergrößerte der effzeh den Abstand auf den drittplatzierten 1. FC Union Berlin auf neun Zähler, die Rückkehr in die Bundesliga rückt auch dank der Patzer der Konkurrenz immer näher. Deshalb waren die freudestrahlenden Kölner, die zum von den Fans intonierten Karnevalshit „Stonn op un danz“ im Pulk ineinandersprangen, durchaus berechtigt in ausgiebiger Feierlaune.
„Wir haben eine englische Woche vor uns. Wir regenerieren und wollen Punkte ohne Ende holen, um es schnellstmöglich fix zu machen. Vorher gibt es für uns nichts zu feiern. Die Fans dürfen aber gerne so viel Gas geben, wie sie wollen“, trat allerdings Torschütze Dominick Drexler trotz des sechsten Sieges in Folge auf die Bremse. „Jeder Fan darf jegliche Feierlichkeiten planen, wir machen das aber nicht“, betonte der 28-Jährige, der in Heidenheim abermals eine starke Leistung auf den Rasen brachte und neben seinem Treffer auch das zweite effzeh-Tor vorbereitet hatte. Insgesamt kommt Drexler während der Kölner Erfolgsserie auf satte sieben Scorerpunkte (vier Tore und drei Assists).
Vereinsrekord eingestellt, Aufstieg fest im Blick
Sechs Siege in Folge: Das war dem 1. FC Köln in der 2. Bundesliga bislang erst einmal gelungen – in der Saison 2002/03 gewann die Mannschaft des damaligen Trainers Friedhelm Funkel von November bis Januar ebenfalls ein halbes Dutzend Erfolge am Stück. Dass das auch 16 Jahre später der Fall ist, hat mit der neu gewonnenen Stabilität der „Geißböcke“ zu tun, die vor allem einen Namen trägt: Marco Höger sorgt als Abwehrchef in der Dreierkette für Ordnung und ist insbesondere mit seinen spielerischen Qualitäten ein Zugewinn für das Aufbauspiel der Kölner. Seit seiner Einwechslung im Heimspiel gegen Sandhausen, als er nach enttäuschenden 45 Minuten für mehr Passsicherheit in der eigenen Hälfte sorgte, ist der Routinier nicht mehr aus dem Team von Markus Anfang wegzudenken.
Der 29-Jährige, eigentlich als defensiver Mittelfeldspieler eingeplant, ist ein fester Bestandteil der Kölner Erfolgsgeschichte, die auch in taktischer Flexibilität begründet liegt. Mit seinen Qualitäten im Passspiel und seiner Spielübersicht ist Höger auch in letzter Linie wertvoll für die „Geißböcke“, dazu ist er dank der nötigen Zweikampfhärte als Verteidiger durchaus zu gebrauchen. Anfangs Schachzug, ihn zumeist in den Abwehrverbund zurückzuziehen, ist komplett aufgegangen – seit der Umstellung hat der effzeh nicht nur alle Spiele für sich entscheiden können, sondern auch erst zwei Treffer kassiert. Darüber hinaus gilt der gebürtige Kölner im effzeh-Team als absoluter Führungsspieler, wurde unlängst vom „Express“ sogar zum heimlichen Kapitän der Mannschaft ernannt.
Hector als flexibler Fixpunkt einer erfolgreichen Mannschaft
Das ist eigentlich ein anderer, dessen Formkurve aber zuletzt auch steil nach oben zeigt: Jonas Hector überzeugte insbesondere in den vergangenen beiden Partien gegen Kiel (4:0) und in Heidenheim. War er beim deutlichen Heimsieg gegen die „Störche“ noch vor allem als Torschütze und Vorbereiter in Erscheinung getreten, konnte der 42-fache Nationalspieler auf der Ostalb durch seine strategischen Fähigkeiten glänzen. Der effzeh-Kapitän spulte die meisten Kilometer ab, gewann die meisten Zweikämpfe und überzeugte als Organisator der souveränen Kölner Rückwärtsbewegung. Hector, der in der schwierigen Phase nach der Winterpause berechtigt in der Kritik stand, scheint genau zum richtigen Zeitpunkt der Saison wieder in Topform zu kommen.
Dabei lässt sich der 28-Jährige auch nicht davon irritieren, dass er in dieser Saison keine festgelegte Position spielt, sondern in der flexiblen Grundordnung der „Geißböcke“ in unterschiedlichen Rollen zum Einsatz kommt. Ob im offensiven Mittelfeld als Drexlers Seite, ob als Aufräumer vor der Abwehr oder sogar als linker Part der Kölner Dreierkette: Hector fremdelt mit keiner noch so ungewohnten Situation, ist für den Trainer taktisch variabel einsetzbar und geht mittlerweile wieder mit hervorragenden Auftritten voran. Auch die Ausbootung in der Nationalmannschaft, als ihm zuletzt Nico Schulz und Marcel Halstenberg vorgezogen wurden, sorgte beim Saarländer für kein Leistungstief. Hector läuft und läuft und läuft – und liefert letztlich überdurchschnittlich ab.
Drexler: Noch kein Publikumsliebling, aber schon Unterschiedsspieler
Das gilt auch für den dritten im Bunde der „heimlichen Helden“, der allerdings gar kein so heimlicher Held mehr ist: Dominick Drexler war in Heidenheim wieder einmal der Mann, der den Unterschied macht. Während normalerweise das Torjäger-Dreigestirn Simon Terodde (27 Treffer), Jhon Cordoba (14) und Anthony Modeste (5) im Vordergrund steht, sorgt der Sommer-Neuzugang im Schatten des Trios stets für spielerische Highlights bei den Jungs mit dem Geißbock auf der Brust. Acht Treffer hat der Offensivmann nach seinem Kopfballtreffer bereits auf dem Konto, dazu kommen noch zehn (oder 14, je nach Zählart) Vorlagen in der 2. Bundesliga. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann – und die seinem Ruf als Unterschiedsspieler, der ihm bereits vor seiner Verpflichtung nachgesagt wurde, mehr als gerecht wird.
Dennoch scheint Drexler noch nicht in den Herzen der effzeh-Fans angekommen zu sein: Trotz seiner überragenden Leistung am vergangenen Sonntag mit einem Tor und einer Vorlage kürten die Kölner Anhänger Kapitän Jonas Hector zum „Spieler des Spiels“. Immer wieder kochen Diskussionen hoch, ob der dribbelstarke Rechtsfuß mit seinen 28 Jahren den Sprung zur erstligatauglichen Stammkraft überhaupt schafft. Doch wer sich anschaut, mit welcher Leichtigkeit Drexler derzeit die gefährlichen Räume zu finden und zu nutzen weiß, der kann sich durchaus vorstellen, dass der gebürtige Bonner auch in der Bundesliga reüssieren kann. In der derzeitigen Form ist der Spätstarter unter den Kölner Offensivkräften jedenfalls ein Fixpunkt in der effzeh-Offensive.
Aufstieg für den 1. FC Köln bereits an Ostern möglich
Doch es ist beileibe nicht nur dieses Trio, das dafür gesorgt hat, den Vorsprung auf die Konkurrenz deutlich auszubauen. Dass in Köln bereits von einem Aufstieg an Ostersonntag geträumt werden darf, liegt auch daran, dass sich die Mannschaft als Kollektiv gefunden zu haben scheint. An ein paar Stellschrauben hat Trainer Markus Anfang gedreht, um dem System und seinen Schützlingen zu mehr Sicherheit zu verhelfen. Einige Leistungsträger haben sich derweil aus einem kleinen Formtief herausgearbeitet – und das nötige Selbstvertrauen ist nach den eher wackligen Siegen in der Englischen Woche Ende Februar, Anfang März auch zurückgekehrt. Wenn das so bleibt, dann dürfen auch die effzeh-Profis bald ausgiebigst feiern.