Neun Punkte beträgt die Differenz zwischen dem 1. FC Köln und Arminia Bielefeld, also zwischen dem Zehnten und dem 17. der aktuellen Bundesliga-Tabelle. Ein ganz ordentlicher Vorsprung. Und doch ist das Auswärtsspiel auf der Alm für den FC mit Cheftrainer Steffen Baumgart eines, das er gewinnen sollte, wenn nicht sogar muss. Ein Pflichtsieg eine Woche nach dem berauschenden 4:1-Derbysieg. Die Vorzeichen sind dabei recht eindeutig, auch wenn die “Geißböcke” gewaltig ersatzgeschwächt nach Ostwestfalen reisen.
Denn während der FC sein Heil gewohnt in der Offensive suchen wird, kann Bielefelds Coach Frank Kramer am Samstag ab 15:30 Uhr zur besten Fußballzeit darauf setzen, dass eigentlich alles ist, wie immer. Seine Arminia muss sich die wenigen Chancen suchen, die es geben kann und sie nach Möglichkeit dann auch nutzen. Bielefeld ist der klare Underdog, auch im Heimspiel gegen Köln. Nur mit einer absoluten Top-Partie kann es Erfolge geben. “Wir wollen gegen Köln eine richtig gute Leistung bringen, da geht es um Punkte”, hält der Trainer fest. Die Social-Media-Abteilung der Bielefelder erinnert daher auch gerne an den Sieg in der vergangenen Spielzeit – den ersten Bielefelder Bundesliga-Erfolg nach zwölf verdammt langen Jahren Wartezeit.
Der FC als klarer Favorit – oder?
Während der für den damaligen Torschützen Joan Edmundsson “just happy” und “unbeschreiblich” war, haben die Kölner Fans den Tag eher in die Kategorie “zum Vergessen” eingeordnet. Vor 8.250 Zuschauer:innen soll es im Auswärtsspiel direkt besser gemacht werden. Marvin Schwäbe wird dabei weiterhin Timo Horn vertreten, auch Jonas Hector, Mark Uth und Rafael Czichos fallen definitiv aus. Wer für ihn links hinten spielen wird, ist offiziell noch nicht klar, jedoch dürfte kaum ein Weg an dem in dieser Saison so stark aufspielenden Benno Schmitz vorbeiführen. Einzig Jannes Horn scheint nach überstandener Verletzung wieder eine Option zu sein. “Er ist jetzt seit vier, fünf Wochen im Mannschaftstraining. Er hat vier Spiele gemacht, unter anderem die Partie gegen Paderborn auf der Außenbahn. Wir haben schon das Gefühl, dass er könnte,” merkte Baumgart dazu an.
Auf die Kreativität Ondrej Dudas kommt es an. Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images
Auf rechts drängen aber auch Kingsley Schindler und Kingsley Ehizibue in die Startelf, wenn Benno Schmitz nach links wechseln sollte. Steffen Baumgart ist sich der gestiegenen Erwartungshaltung, die sich auch in unserer Formulierung “Pflichtsieg” ausdrückt, bewusst. Kein Wunder, das 4:1 gegen den Erzrivalen tat der Fanseele gut, fiel aber auch ein wenig hoch aus. Baumgart setzte daher in der Pressekonferenz vor dem Spiel auf Understatement, um den Druck von seinem Team zu nehmen: “Ich sehe uns noch nicht so stark, um mit einem Selbstverständnis nach Bielefeld fahren, dass man dort gewinnt. Wir müssen zusehen, die Waffen, die sie haben, auszuschalten. Für uns geht es darum, die Chance zu nutzen und den Abstand auf Bielefeld zu vergrößern. Es wird schwer, dennoch wollen wir gewinnen.“
“Wir werden vorne attackieren”
Der Plan dafür ist einmal mehr knallharte Baumgartsche Offensive. Der Coach kündigte sogar bereits an, dass man den Bielefelder Torhüter Stefan Ortega, “in jeder Situation anlaufen” werde. Ortega ist im System des Gegners oft und gerne in das Aufbauspiel mit eingebunden, das will Baumgart unterbinden. Es ist zu erwarten, dass die „Geißböcke“ auch in einem Auswärtsspiel wie in Bielefeld auf über 60 Prozent Ballbesitz kommen werden. Und dann soll natürlich möglichst direkt aufs gegnerische Tor gespielt werden. „Wir wollen unseren Weg weiter gehen. Wir werden vorne attackieren“, so der FC-Coach.
“Mit Ausnahme der Partie von Hoffenheim haben wir überall unsere Leistung gezeigt. Das müssen wir auch in Bielefeld schaffen, um etwas Zählbares zu holen.”
Allerdings hat sein Team trotz aller Euphorie auswärts eben noch nicht ein einziges Mal dreifach gepunktet. Auch und gerade deshalb soll das nun in Bielefeld gelingen. Für Steffen Baumgart allerdings scheint eine Statistik mit der Frage, wo die bisherigen Punkte eingefahren wurden, ohnehin nebensächlich. „Das ist ein Thema, das eher von außen kommt als von uns. Mit Ausnahme der Partie von Hoffenheim haben wir überall unsere Leistung gezeigt. Das müssen wir auch in Bielefeld schaffen, um etwas Zählbares zu holen. Wir sind auf einem guten Weg.“
An diesen Worten ist dann aber eben doch auch der Respekt zu erkennen, den Baumgart vor jedem Konkurrenten in der Bundesliga hat. Mit ein bisschen weniger Einsatz wird es nicht gehen. Vielleicht ist es eben jener bodenständiger Realismus des Steffen Baumgart, gepaart mit der Angriffslust seiner fußballerischen Idee, die den Erfolg bringen. Beinahe stoisch geht der Trainer seinen Weg – und die Mannschaft folgt ihm. Für Bielefeld kann das nur heißen, dass es die geballte Power der Offensivabteilung brauchen wird, um den guten gegnerischen Torhüter, der im Sommer immerhin als Ersatzmann bei Bayern München im Gespräch war, zu überwinden.