“Man kann so einen großen Verein nicht demokratisch führen. Wie soll das denn gehen? Am Ende muss jemand zuständig sein und die Entscheidungen treffen. Wenn zu viele Leute mitreden, die nicht aus dem Fußball kommen, ist das ein Problem. Dann gibt es Chaos.” So sprach Armin Veh, der Geschäftsführer Sport des 1. FC Köln zum “Kölner Stadt-Anzeiger”. Er offenbarte in dem bemerkenswerten Interview nicht nur politische Bildungslücken, sondern auch auffällige Unkenntnis zu den Strukturen seines Arbeitgebers. Oder schlimmer: Sie scheinen ihm egal zu sein.
Veh kennt die Strukturen des 1. FC Köln (immer noch) nicht
Denn die Satzung des 1. FC Köln sieht demokratische Legitimationen für nahezu alle Entscheidungsträger vor. Auch für Armin Veh. Der Vorstand bestellt die Geschäftsführung der KGaA und kontrolliert sie. Dafür wählen ihn die Mitglieder genau so wie den Mitgliederrat, der den Vorstand kontrolliert. Im Klartext: Klare Entscheidungswege und demokratische Kontrolle schließen sich nicht aus. Sie existieren beim effzeh seit Jahren. Das gewählte Präsidium versuchte zwar in den vergangenen Jahren regelmäßig, die “Checks and Balances” des Vereins so gut es geht zu umgehen, abgeschafft wurde die Kontrolle dadurch allerdings freilich nicht.
Armin Veh versteht das alles anscheinend nicht. Die Strukturen seines Arbeitgebers scheinen für ihn trotz seiner fast anderthalbjährigen Amtszeit nicht von großer Relevanz zu sein. Zudem gab er unfreiwillig sein mangelhaftes Demokratieverständnis preis. Er hält Vereinsdemokratie offenbar für Quasselbudentum, bei dem keine Entscheidungen getroffen werden könnten, da angeblich zu viel Mitbestimmung herrsche. Dabei beantwortet er seine Frage “Wie soll das denn gehen?” durch sein Handeln und entsprechende Befugnisse jeden Tag selbst. Das scheint er nicht zu realisieren.
Sehnsucht nach starken Männern an der Spitze
Veh munitioniert mit seiner Darstellung die Sehnsüchte nach starken Männern. Eine Person soll entscheiden, der Rest den Mund halten. Die größte Angst des Sportchefs scheint derweil aus Leuten, “die nicht aus dem Fußball kommen”, zu bestehen. Damit erfüllt der 58-Jährige das Klischee über Ex-Fußballer, denen es nur um Besitzstandswahrung geht und denen es vor professionellen Strukturen der Wirtschaft graust. Auch, weil dann andere Ansprüche an ihre Arbeit gestellt würden.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Für Veh ist der Profifußball offenbar eine Insel, die zwar scharenweise Touristen anlocken soll, aber nur von Eingeborenen betrieben werden kann – mögen sie noch so unprofessionell arbeiten. Eine quasi-monarchische Sichtweise: Ex-Fußballer müssten das Geschäft wie Erbmonarchen verwalten. Wer nicht zur Familie gehört, muss draußen bleiben. Dabei geht es keinesfalls darum, sich in das Tagesgeschäft einzumischen – es geht explizit um Kontrolle der handelnden Verantwortlichen.
Wiederholte Einmischung und Lernresistenz – Veh ist ein Risiko
Seine Aussagen bezeugen zudem, dass Veh für jede Vereinsführung ein Risiko darstellt. Ihm geht es um sich, um nichts anderes. Zum wiederholten Male kanzelt der ehemalige Trainer öffentlich die Strukturen des Vereins und damit eben auch dessen Repräsentanten und ihre Mandate als minderwertig ab. Im vergangenen Oktober attackierte er den damaligen Mitgliederratsvorsitzenden Stefan Müller-Römer samt Kollegen als “Vollamateure”, im März attackierte er mit Werner Spinner sogar den Präsidenten (seinen Vorgesetzten!). In der Folge trat Spinner zurück, weil der Gemeinsame Ausschuss eine Entlassung Vehs nicht mittragen wollte. Dabei wäre sie berechtigt, vielleicht sogar notwendig gewesen. Denn Veh scheint seitdem nichts dazugelernt zu haben. Sonst hätte er niemals ein solches Interview gegeben.
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Wie grotesk und plump Veh im Gespräch mit dem Stadtanzeiger agierte, können zwei Fragen stellvertretend verdeutlichen. Darin wird der Sportchef zu vereinspolitischen Themen befragt:
KSTA: “Wie ist Ihr Austausch mit Stefan Müller-Römer, der den Verein kommissarisch als Präsident führt, und dem Mitgliederrat?”
Veh: “Wenn ich die Frage beantworte, würde ich mich ja doch in die Politik begeben (lacht).”
KSTA: “Wäre es aus Ihrer Sicht ein Vorteil, wenn die jetzigen Vizepräsidenten weitermachen könnten?”
Veh: “Die kennen sich aus, man würde nicht bei null anfangen. Toni Schumacher ist ein Idol hier, in einem Fußballverein ist es nicht schlecht, einen Fußballer im Vorstand zu haben.”
Also: Veh will sich nicht in vereinspolitische Belange einmischen, empfiehlt aber, mit Toni Schumacher weiterzumachen, der sei ja schließlich Fußballer. Oder mal Fußballer gewesen. Egal, er stammt aus der Familie. Allein das scheint bereits als Qualifikation zu genügen. Das passt durchaus, bei Veh selbst ist es schließlich nicht anders: Geschäftsführer eines Klubs war er vor der Anstellung beim effzeh nur für kurze Zeit in Wolfsburg. Aber Ex-Fußballer, also starke Männer, als Alleinentscheider würden Vereine doch niemals in den Abgrund führen – Wolfgang Overath und Jörg Schmadtke haben das in Köln doch ausreichend bewiesen… oder etwa nicht?
Veh will Kontrolle nicht akzeptieren
Auch in anderen Bereichen gibt das Interview erhellende Einblicke. Zum Beispiel, wenn Veh am Beispiel Jorge Meré seiner eigenen fußballerischen Kompetenz applaudiert und sich augenzwinkernd eine Einstellung seiner Person als Scout empfiehlt. Umstrittene Transfers von Benno Schmitz, Lasse Sobiech oder Florian Kainz schien Veh dabei kurzzeitig vergessen zu haben. Aber selbst wenn Vehs Leistungen in seinem Geschäftsbereich mit “ausreichend” benotet werden könnten, bleibt der Eindruck, dass der Augsburger mit Kontrolle durch Vereinsgremien wenig anfangen kann. Diese Botschaft sendete er nun zum wiederholten Male aus.
Wolfgang Overath | Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Mit dieser Einstellung dürfte er unter dem effzeh-Führungspersonals allerdings nicht allein dastehen. Denn Veh wurde auf Empfehlung seines ehemaligen Weggefährten Alexander Wehrle von einem Präsidium eingestellt, das in der Vergangenheit ebenfalls bereits ein mindestens schwieriges Verhältnis zu Kontrollorganen bewiesen hat. Ex-Präsident Werner Spinner schien aber anscheinend aus seinem Versäumnis, bei Peter Stöger und Jörg Schmadtke nicht genau hingesehen zu haben, lernen zu wollen. Er hinterfragte Veh und Anfang intern zumindest ansatzweise. Das Resultat ist bekannt. Veh zählte Spinner öffentlich an – sein Geschäftsführerkollege sowie die beiden Vizepräsidenten Ritterbach und Schumacher ließen ihn straffrei gewähren.
Der 1. FC Köln muss Veh zur Rechenschaft ziehen
Zur Satzung und zu den Werten des 1. FC Köln passt Armin Veh daher nicht – es wirkt vielmehr, als seien beide dem Geschäftsführer eher gleichgültig. Respekt vor dem Verein, seinem Arbeitgeber, seinen Strukturen und den Fans sieht jedenfalls anders aus. So bleibt der Eindruck zurück, potentielle Ratgeber seien für Veh weiterhin nichts anderes als amtsanmaßende “Vollamateure”.
Der 1. FC Köln sollte sich als Verein im Gesamten gut überlegen, ob er sich Vehs Respektlosigkeiten weiter bieten lässt. Bereits seine Attacke auf Ex-Präsident Spinner wäre in der freien Wirtschaft nicht weniger als ein Kündigungsgrund gewesen, Besserung scheint nicht in Sicht zu sein. Wenn Armin Veh nicht verstehen will, dass (wie bei allen Beteiligten) der 1. FC Köln größer ist als er selbst, muss er die Konsequenzen tragen – oder sie selbst ziehen.