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Analyse

Auswärtspleite in Leipzig: Auf den 1. FC Köln wartet viel Arbeit

Nichts zu holen für den 1. FC Köln: Im Osten der Republik geht das Team von Markus Gisdol unter. Auf den neuen Trainer warten nun jede Menge Aufgaben.

Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images

Vierte Niederlage in Folge für den 1. FC Köln: Im ersten Bundesliga-Spiel unter dem neuen Trainer Markus Gisdol unterliegt die Mannschaft mit 1:4 gegen den Tabellenzweiten aus Leipzig. Nach dem eher unglücklichen Spielverlauf im letzten Heimspiel gegen Hoffenheim, bei dem erst in der Nachspielzeit ein Strafstoß die Pleite brachte, wurde im Osten der Republik deutlich, warum es der FC in dieser Verfassung sehr schwierig haben wird, die Klasse zu halten.

Neu-Trainer Gisdol bot in seinem ersten Auftritt an der Seitenlinie eine 4-1-4-1-Grundordnung auf, in der Marco Höger als alleiniger Sechser den Zwischenraum von Mittelfeld und Abwehr besetzte. Der Plan des FC war klar erkennbar: Analog zu einem Pokalspiel formierte sich die Gastmannschaft sehr kompakt und tief, die beiden äußeren Mittelfeldspieler Ismail Jakobs und Kingsley Schindler waren stark in die Defensivarbeit eingebunden. Dementsprechend lang waren die Wege nach vorne im eigenen Ballbesitz, die gegenseitige Unterstützung mit mehreren Passoptionen war schwierig.

Im Aufbau versuchte Höger, zwischen den beiden Innenverteidigern die Ballzirkulation zu ermöglichen. Dadurch blieb der Sechserraum aber meistens verwaist, weil weder Ellyes Skhiri noch Birger Verstraete wussten, wie sie damit umzugehen hatten. Den Spielern war teilweise anzusehen, dass sie kaum Ideen hatten, wie sie das Leipziger Pressing überspielen sollten – meist war es der lange Ball auf Anthony Modeste oder einen der startenden Flügelspieler, doch weder Schindler noch Jakobs konnten ihr Tempo gewinnbringend einsetzen. Dayot Upamecano in der Leipziger Abwehr verteidigte Modestes Versuche meistens locker weg, Lukas Klostermann gewann die meisten Duelle gegen Jakobs.

Fehler und Leipzigs Qualität bringen einen frühen Rückstand

Die Gastgeber konstruierten ihr Spiel in einem Dreieraufbau mit Upamecano, Ilsanker und Klostermann, davor boten sich Laimer und Demme in den Halbräumen an. Sabitzer und Halstenberg brachten die Breite, während Werner, Nkunku und auch Forsberg sich viel bewegten und versuchten, Lücken zu reißen. In den ersten 20 Minuten gelang es dem FC noch einigermaßen, die Reihen geschlossen zu halten und insbesondere die Diagonalbälle auf einstartende Leipziger zu verhindern. Bei eigenem Ballverlust presste die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann sofort und ließ den FC damit nicht ins Spiel.

Solche Spiele werden dann meistens durch eine Standardsituation oder einen individuellen Fehler geöffnet – genauso war es am Samstagabend auch. Jonas Hector dribbelte auf der linken Seite in Richtung des eigenen Tors und wurde von Nkunku unter Druck gesetzt – weil Rafael Czichos durch einen Lauf nach vorne den Raum öffnen wollte, ergab sich danach Raum für den Franzosen in Leipziger Diensten. Er luchste dem deutschen Nationalspieler den Ball ab und bediente in der Mitte Timo Werner, der das 1:0 erzielte.

Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images

Beim 2:0 war ein Foul von Ehizibue ausschlaggebend, der den dribbelnden Nkunku im Strafraum foulte. Nach einer langen Ballbesitzsequenz der Gastgeber hatte Upamecano zwei Optionen: Entweder konnte er den Ball auf Halstenberg nach außen oder eben in die Mitte zu Nkunku spielen. Und da die rechte Seite der Kölner mit Schindler und Ehizibue geschlossen nach außen verteidigen wollte, ergab sich in der Mitte der Raum für den Franzosen.

Leipzig hätte das Spiel früher entscheiden müssen

Nach einer halben Stunde war das Spiel damit gelaufen, Leipzig entwickelte genau dann diejenige Spielfreude, die ein Debakel erahnen ließen. Nach 37 Minuten erhöhte Laimer, nachdem zuvor ein Nkunku-Pass die Kölner Linien zerschnitten hatte und die Abwehr den Ball nicht klären konnte. Immerhin konnten sich die Gisdol-Schützlinge in der Folge auf die Stärke bei eigenen Standards verlassen – bereits zum fünften Mal traf der FC nach einer Ecke, Czichos erzielte den Anschlusstreffer.

Nach der Pause kam Florian Kainz für Skhiri, Jakobs rückte eine Position nach hinten und Hector ins Mittelfeld. Besser wurde es aber nicht wirklich: Leipzig hatte nach wie vor viel Platz – und jetzt auch jede Menge Abschlüsse. In einer sehr dominanten Phase der Gastgeber zwischen Wiederanpfiff und der 68. Minute vergaben Nkunku, Forsberg, Sabitzer und Werner gute Gelegenheiten. Danach schien es fast so, als wollte der Tabellenzweite den Aufsteiger ein wenig locken, weil er ihm mehr Ballbesitzphasen zugestand und dadurch auch schnellere Gegenbewegungen erzwingen konnte.

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Aus dem Nichts hatte dann aber der FC durch Modeste eine Kopfballchance, die fast das 2:3 gebracht hätte. Wenig später kam dann Terodde für Höger, der 1. FC Köln spielte fortan im 4-4-2. Ein taktisches Foul von Hector, in dessen Folge Forsberg per Freistoß das 4:1 erzielte, war dann der finale Fehler, den sich der FC in diesem Spiel geleistet hatte.

Viel Arbeit wartet auf Gisdol und das Team

Positiv betrachtet ist Leipzig in dieser Saison nicht die Kragenweite des Bundesliga-Aufsteigers – so viel dürfte auch schon vorher klar gewesen sein. Nach zwölf Spieltagen und bereits neun Niederlagen ist aber fast gar nichts erkennbar, was derzeit Anlass zur Hoffnung geben könnte. Sowohl in der Defensive als auch in der Offensive offenbarten sich eklatante Mängel, an denen dringend gearbeitet werden muss. Die kommenden beiden Spiele gegen Augsburg und Union Berlin werden dann zu den ersten wirklichen Gradmessern für die neue sportliche Leitung.

Vielleicht ist es von Vorteil, dass Gisdol und seinem Team nun eine ganze Trainingswoche zur Verfügung stehen, in denen an den Schwerpunkten gearbeitet werden muss. Da aber bis auf das klassische Herstellen von geringen Räumen keine wirkliche Idee vorliegt, wie man Gegentore effektiv verhindern möchte, dürfte es wohl noch dauern, bis sich der FC aus diesem Tief herausarbeitet. Bei den meisten Mannschaften, die im Abstiegskampf stecken, muss zunächst die Defensive stabilisiert werden – und dann muss man sich ja auch noch überlegen, wie vorne Tore erzielt werden sollen. In Leipzig war erkennbar, dass es an allem fehlt.

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