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Wat e Johr (1): Führungskrise, Ausfallchaos und Schützenfeste

Ein extrem ereignisreiches Jahr liegt hinter dem 1. FC Köln. Im ersten Teil unseres Rückblicks geht es um die Monate Januar bis März, die von sportlichen Schwankungen und internen Intrigen geprägt wurden.

Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images

Ruhe – das ist definitiv ein Fremdwort beim 1. FC Köln. Häufig ist das Geschehen auf dem Rasen derart schlimm, dass der Geduldsfaden rund um den Traditionsverein aus der Domstadt ziemlich dünn daherkommt. Läuft es wider Erwarten einmal sportlich rund, dann scheint bei den „Geißböcken“ zumindest hinter den Kulissen die Handlung einer veritablen Seifenoper abzulaufen. Anders ist es kaum zu erklären, was im ersten Quartal des FC-Jahres alles vonstatten ging – zumeist auch noch in aller Öffentlichkeit. Dem Unterhaltungsfaktor zuliebe vermutlich.

Überschattet wurden die ersten drei Monate am Geißbockheim vom bis heute immer noch nicht in allen Details aufgelösten Machtkampf zwischen Präsident Werner Spinner und dem damaligen Sportchef Armin Veh. Nach einem ziemlich errumpelten Auswärtssieg in Ingolstadt an Karneval ließ der einstige Meistertrainer mächtig Dampf ab. Ein Problem innerhalb des Vereins gäbe es – und das sei irreparabel, ließ Veh verlauten und legte verbal ordentlich nach: „Wenn es einen Vertrauensverlust gibt, dann kann man den bei mir nicht mehr reparieren. Zumindest nicht so einen. Ich weiß nicht, was das für Konsequenzen hat. Aber irgendwann gibt es welche.“

Nach sieben Jahren: Spinner tritt als Präsident zurück

Konsequenzen gab es, wenngleich sehr ungewöhnliche. Der gesundheitlich angeschlagene Präsident Spinner verlor das öffentlich geführte Kräftemessen mit dem Angestellten Veh und legte sein Amt vorzeitig nieder. Hintergrund der Provinzposse: Eine von Spinner an seine Vizepräsidenten Toni Schumacher und Markus Ritterbach versandte Sprachnachricht, in der er über die Ablösung des damaligen Trainers Markus Anfang und eine mögliche Demission des Geschäftsführers sinnierte, landete brühwarm bei Veh. Der Schwarze Peter, wer aus dem dynamischen Duo nun die Nachricht oder zumindest deren Inhalt in Richtung des streitbaren Sportchefs lancierte, wird bis heute hin und her geschoben. An Spinners unrühmlichen Abschied nach sieben Jahren an der Spitze des 1. FC Köln ändert es nichts.

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Diese Schlammschlacht stellte selbst die sportlich schwankende Entwicklung der „Geißböcke“ in der 2. Bundesliga deutlich in den Schatten. Der selbsternannte Aufstiegsfavorit, der nach wackligen Leistungen als Tabellenzweiter ins neue Jahr ging, verstärkte sich in der Winterpause noch einmal prominent: Der bei Schalke nicht mehr benötigte Johannes Geis sollte im Mittelfeld fortan die Fäden ziehen, für die Außenbahnen eiste der FC Florian Kainz von Werder Bremen für eine stattliche Ablösesumme los. Der Auftakt ging allerdings gewaltig in die Hose: Beim 1. FC Union Berlin setzte es im ersten Spiel 2019 eine 0:2-Niederlage – Alptraumstart dank Traumtor des ehemaligen Kölners Marcel Hartel.

Achterbahn der Gefühle: Modeste-Rückkehr bei Paderborn-Pleite

Ganz FC-like blieb es eine Achterbahnfahrt der Gefühle, was die „Geißböcke“ auf dem Platz zeigten. Nach der kurzfristigen Absage des Auswärtsspiels in Aue (das Erzgebirge war komplett zugeschneit) ballerten die Schützlinge von Trainer Markus Anfang den FC St. Pauli mit 4:1 vom Feld – umjubelter Held im Müngersdorfer Stadion war Jhon Cordoba, der einen Hattrick erzielte. Die Kölner Offensive bekam noch einmal Zuwachs: Nach langem Hin und Her verkündete der Zweitligist am Valentinstag, dass endlich die Spielberechtigung für Anthony Modeste eingetroffen war. Der Franzose durfte bereits beim schwierigen Spiel in Paderborn für den FC auflaufen. Und traf dort kurz nach seiner Einwechslung direkt zum vermeintlich vorentscheidenden 2:0. Die Anfang-Elf warf den Sieg allerdings noch weg, ließ sich vom SCP abermals überrollen und verlor 2:3.

PADERBORN, GERMANY - FEBRUARY 15: Anthony Modeste of Koeln kicks the ball during the Second Bundesliga match between SC Paderborn 07 and 1. FC Koeln at Benteler Arena on February 15, 2019 in Paderborn, Germany. (Photo by Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images)

Foto: Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images

Ernüchterung war eingekehrt am Geißbockheim. Einen souveränen Aufstieg hatten sich die Verantwortlichen gewünscht, die Erwartungshaltung aus der Chefetage schlug sich auch bei den Fans nieder. Und doch war das, was der 1. FC Köln auf dem Feld zeigte, alles andere als souverän. Armin Veh reagierte auf die Probleme bei den „Geißböcken“ und machte das, was er am besten konnte: Er schlug öffentlich Alarm. „Von den letzten vier Spielen haben wir drei verloren. Das ist eindeutig zu viel. Das können wir uns als FC nicht leisten“, polterte der Sportchef und nahm zum wiederholten Male Trainer Markus Anfang in die Pflicht. „Das Trainerteam ist jetzt gefragt, Lösungen zu finden“, so Veh: „Fußball ist Ergebnissport. Dementsprechend ist es wichtig, dass wir unsere PS 90 plus X Minuten auf den Platz bringen. Das ist unser Anspruch. Wir haben eine Mannschaft, die das kann, die es aber noch nicht zur Gänze abgerufen hat.“

Ohne Glanz zurück an die Tabellenspitze

Das blieb allerdings auch der Grundtenor der kommenden Aufgaben: Durch das Nachholspiel in Aue ergab sich bis Karneval eine Englische Woche für den 1. FC Köln. Die Pflichtaufgabe gegen Sandhausen lösten die „Geißböcke“ mehr schlecht als recht, der eingewechselte Modeste sicherte seinem Team mit einem Doppelpack den 3:1-Arbeitssieg. Fußballerisch noch anspruchsloser verwaltete die Anfang-Elf die Partie im Erzgebirge unter der Woche – das Abstaubertor von Marco Höger blieb beim 1:0-Sieg der Kölner das einzige Highlight am Abend vor Wieverfastelovend.

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Der 1. FC Köln war damit zumindest zurück an der Tabellenspitze und verteidigte diese durch ein hart erkämpftes 2:1 beim FC Ingolstadt. Doch sportliche Schlagzeilen schrieb der Zweitligist dadurch nicht – der Machtkampf zwischen den zwei Alphatieren in der Vereinsführung bestimmte fortan die Überschriften. Die Mannschaft allerdings schien es zu genießen, nicht mehr unbedingt im Fokus des Interesses zu stehen. Mit einem 5:1-Kantersieg über Arminia Bielefeld schienen die „Geißböcke“ endgültig ins Rollen gekommen zu sein, musste allerdings im Anschluss die nächste unfreiwillige Pause einlegen.

Nach dem Drittliga-Kracher zwischen dem KFC Uerdingen, der seine Heimspiele vergangene Saison in Duisburg austrug, und Fortuna Köln war angesichts heftigen Regenfälle der Platz im Wedaustadion wenig überraschend nicht bespielbar. Die nächste Absage für den 1. FC Köln, der das Duell im Ruhrpott im April nachholen musste. So blieb nur noch das Heimspiel gegen Holstein Kiel – und diese Aufgabe löste die Elf von Trainer Markus Anfang gegen dessen Ex-Klub souverän. 4:0 hieß es nach 90 Minuten, der fünfte Sieg in Serie war eingetütet.

Äußerst schwierige Aufgaben für Verein und Mannschaft

Und doch war längst nicht alles Gold, was glänzte. Zwar grüßte der FC souverän von der Tabellenspitze (drei Punkte Vorsprung bei einem Spiel weniger), doch die errumpelten Siege aus der Englischen Woche hatten ebenso nachdenklich gemacht wie der Auftritt an der Alten Försterei und der Einbruch in Paderborn. Gerade gegen die Spitzenteams der 2. Bundesliga tat sich die Anfang-Elf enorm schwer, für die kleineren Gegner reichte derweil die individuelle Qualität des Teams.

COLOGNE, GERMANY - MARCH 31: Jhon Cordoba of Cologne (L) and Simon Terodde celebrate during the Second Bundesliga match between 1. FC Koeln and Holstein Kiel at RheinEnergieStadion on March 31, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images)

Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images

Abseits des Platzes brachen nun endgültig die Zwistigkeiten, die lange intern gehalten werden konnten, nach außen auf: Die Zusammenarbeit des Interimspräsidenten Stefan Müller-Römer, vom Mitgliederrat in den Vorstand entsandt, mit seinen Mitstreitern Toni Schumacher und Markus Ritterbach gestaltete sich äußerst schwierig. Den Verein wieder in ruhige Gewässer zu bringen: Das schien eine schwierigere Aufgabe zu sein als diese verdammte Bundesliga-Rückkehr.

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