Sebastiaan Bornauw winkte ab, Frederik Sörensen stemmte seine Hände in die Hüfte, Kingsley Ehizibue sank auf den Rasen der Bielefelder Alm. Sie hatten ein Spiel verloren, das man nicht verlieren durfte. Verunsicherte, jedoch zumindest laufbereite Kölner und kompakt stehende, aber hausbackene Bielefelder hatten sich über weite Strecken des Spiels neutralisiert. Chancen waren Mangelware geblieben. Ein Distanzschuss von Lucoqui, eine Einschussmöglichkeit für Czichos nach Dudas Freistoß vor der Pause und Bornauws Schuss in der Nachspielzeit – das war’s.
Ein Tor, das so nicht fallen darf
Wenn nicht die 78. Spielminute gewesen wäre. Nach einem abgewehrten Eckball schlägt der Bielefelder Keeper, Stefan Ortega, einen langen Ball hinweg über die Kölner Kette. Jannes Horn passt einen Moment lang nicht auf, der eingewechselte Joan Simun Edmundsson nimmt den Pass an, während der Kölner Keeper, Timo Horn, zunächst aus seinem Tor kommt, zögert, dann einige Schritte seitwärts in Richtung Edmundsson macht. Der Stürmer von den Faröer Inseln schießt, Horn macht eine Abwehrbewegung, die kontraproduktiv ist und ans Groteske grenzt: Er dreht sich weg, fabriziert eine merkwürdige “Telemark-Bewegung” und deckt dabei das kurze Eck nur unzulänglich durch seinen linken Unterschenkel ab. So lässt er zu, dass genau dort der Ball dann zum 1:0 für Bielefeld einschlägt.
Ein solches Tor darf nicht fallen, nicht in der 3. Liga, nicht in der Zweiten und erst recht nicht im fußballerischen Oberhaus, der 1. Bundesliga. Allwöchentlich grüßt das Murmeltier bei den dabei gemachten Fehlern: das zögerliche, unentschlossen wirkende Eingreifen, das sich-weg-drehen beim Schuss des Gegners, die damit verbundene Verkleinerung seiner Körperfläche, die den Raum öffnet, durch den der Stürmer ins Tor treffen kann. Daran kann man arbeiten, im Training unter fachkundiger Anleitung. Höchste Zeit, dass man das endlich in Angriff nimmt.
Es wird interessant zu beobachten sein, wie lange noch die Kölner Verantwortlichen tatenlos zusehen wollen, wie Begegnungen, die man ausgeglichen gestaltet, durch die Fehler ihres Torhüters verloren gehen. Oder sollte der Keeper etwa sakrosankt sein? Für Timo Horn selber ist die gute Nachricht, dass er diesmal im Unterschied zum Spiel gegen Hoffenheim lediglich ein Tor schuld war. Die schlechte: Es war der einzige Treffer der Begegnung und besiegelte die zweite Saisonniederlage des 1. FC Köln.
Die Neuzugänge: Limnios und Arokodare
Ansonsten ist noch über die ersten Einsatzminuten der beiden bisher letzten Neuzugänge des FC, Dimitris Limnios und Toluwalase Arokodare, zu berichten. Limnios wurde in der 62. Spielminute für Jan Thielmann eingewechselt und war in der Folge an einigen Angriffsaktionen auf dem rechten Flügel beteiligt. Auch wenn diese nicht zu zählbaren Erfolgen führten, konnte man erkennen, dass der griechische Nationalspieler technisch durchaus zu gefallen weiß und auf flinken Beinen unterwegs ist.
Toluwalase Arokodare ersetzte in der 75. Spielminute Sebastian Andersson in der Sturmspitze. Ein zu hoch angesetzter Kopfball aufs Bielefelder Tor und ein schöner Flankenwechsel blieben die einzige Ausbeute. Seine Körperlichkeit beeindruckte allerdings auch die Bielefelder Innenverteidiger, die sich einige Male nur zu zweit gegen ihn zu wehren wussten.
Das Fazit der Begegnung ist ernüchternd: Es gab keinen einzigen sauber nach vorne kombinierten Angriff, Torchancen aus dem Spiel suchte man vergebens, ein Rezept, um eine kompakt agierende Defensive zu überwinden, fehlte völlig. Der Herbst hat damit angefangen, sein graues Kleid über das Land zu ziehen. Trübe Aussichten nicht nur meteorologisch, sondern fußballerisch auch und besonders für den 1. FC Köln.
Stimmen zum Spiel
Markus Gisdol hatte ein ausgeglichenes Spiel gesehen: “In der ersten Halbzeit haben sich beide Mannschaft weitestgehend neutralisiert. Beide haben sich schwer getan, Torchancen herauszuspielen. In der zweiten Hälfte hatte ich den Eindruck, dass wir besser im Spiel waren. Wir waren aber nicht durchschlagskräftig genug. Das Tor haben wir dann aus dem Nichts bekommen. Der Torwart schlägt einen langen Ball, und wir erkennen die Situation dann zu spät. Zu dem Zeitpunkt war das Tor sehr überraschend und für uns unglücklich. Wir konnten dann nicht mehr gegenlenken.”
Dem besten Kölner, Sebastiaan Bornauw, merkte man seinen Frust an: “Nur ein Torschuss, das darf nicht sein. Wir standen kompakt, aber nach vorne war das zu wenig. Es liegt nicht nur an der Offensive, es liegt an allem. Wir müssen uns verbessern. Es darf nicht so weitergehen. Wir müssen schon im nächsten Spiel besser werden.”
Sein Innenverteidigerkollege, Rafael Czichos, ärgerte sich über die zweite Niederlage in Folge: “Sie können das Fehlstart nennen, ich nenne es beschissen. Geil ist was anderes. Wenn wir konsequenter spielen, werden wir uns belohnen. Ein langer Ball hebelt uns aus, und dann darf der so natürlich nicht reingehen.”
Ausblick auf das Derby
Am nächsten Samstag kommt es zum Derby gegen Borussia Mönchengladbach. Auch wenn die Fohlen aus den bisherigen zwei Saisonspielen lediglich ein mageres Pünktchen geholt haben, muss man kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass Marco Roses Team aller Wahrscheinlichkeit nach mit drei Punkten im Gepäck die Reise zurück an den Niederrhein antreten wird.
Die Gladbacher sind individuell deutlich besser besetzt als Markus Gisdols Elf, angefangen vom “Bullen-Sturm” Pléa, Thuram und Embolo, der aller Voraussicht nach wieder zur Verfügung stehen wird, über Neuhaus, Kramer und Stindl im Mittelfeld sowie Ginter, Elvedi, Lainer und Bensebaini in der Abwehr. Zudem haben die Fohlen einen Tormann, einen sehr guten sogar, den eidgenössischen Nationalkeeper Yann Sommer. Und wenn alles andere nicht recht helfen sollte, kann er den Unterschied ausmachen.
Und der 1. FC Köln? Anlass zur Hoffnung gibt es kaum. War gegen Hoffenheim zumindest die zweite Hälfte ordentlich, enttäuschte die Partie gegen Bielefeld auf ganzer Linie. Man kann der Mannschaft den Willen nicht absprechen, allerdings wird der wohl kaum ausreichen, um dem Champions League-Teilnehmer vom Niederrhein in Wochenfrist Paroli bieten zu können.