Auch wenn bei den Bayern nichts Zählbares heraussprang: Der 1. FC Köln kann aus der Leistung in München Mut schöpfen für ein Halbjahr voller Probleme.
Am Ende wurde es noch einmal ganz knapp: Lukas Klünter, auffälligster Akteur des 1. FC Köln an diesem Abend, setzte sich 20 Meter vor dem Tor von Bayern München gegen die prominente Gegnerschaft um Niklas Süle, Thomas Müller und Sebastian Rudy durch, zündete noch einmal den Turbo und schloss beherzt mit links ab. Einzig Tom Starkes Reflex verhinderte den Ausgleich zum 1:1 und die Tatsache, dass der effzeh überraschend etwas Zählbares aus der bayerischen Hauptstadt mitnehmen konnte.
Überraschend war auch der Auftritt der Kölner: Weniger die ultra-defensive Spielausrichtung, die zumeist darin bestand, rund um den eigenen Strafraum ein Abwehrbollwerk zu errichten, das den Bayern die Lust am Offensivspiel nehmen sollte. Die Folge: Zeitweise an die 85 Prozent Ballbesitz für die hochkarätig besetzten Gastgeber, die am vergangenen Wochenende ihre siebte Herbstmeisterschaft in Serie unter Dach und Fach brachten. Es erinnerte stark an ein Pokalspiel zwischen dem haushohen Favoriten und einem unterklassigen Kontrahenten aus der Provinz. Überraschend viel mehr, wie lange der effzeh ergebnistechnisch auf Augenhöhe agierte: Dass die Abwehrschlacht die „Geißböcke“ in die Nähe eines Punktgewinns bringen würde, hätten vor der Partie wohl die Allerwenigsten gedacht.
Timo Horn: Galionsfigur der Abwehrschlacht
Wie erwartet häufig im Mittelpunkt des Geschehens: effzeh-Torwart Timo Horn, der in München seine Klasse einmal mehr unter Beweis stellte. Ob gegen Thomas Müller, Franck Ribéry oder James Rodriguez: Der Kölner Keeper war stets auf seinem Posten und bügelte die eine oder andere kleine Unkonzentriertheit im Defensivverbund der „Geißböcke“ wieder aus. Insbesondere mit den langen Bällen der Bayern hinter die tiefstehende Abwehrreihe hatte der effzeh so seine liebe Mühe und Not. Den Gastgebern gelang es so manches Mal, die vielbeinige Verteidigung des Ruthenbeck-Teams zu überwinden. Dennoch: Mit Glück und Können konnten die Kölner fast eine Stunde lang den Einschlag verhindern – dann schlug Lewandowski auf Müller-Vorarbeit zu und erzielte das Tor des Tages.
Die Rumpftruppe aus dem Rheinland, die auf 13 (!!!) verletzte Profis verzichten musste, setzte derweil – auch wenig überraschend – die gesamte Partie über auf das Konterspiel über den als Stürmer aufgebotenen Lukas Klünter, der seine Sache auf der ungewohnten Position erstaunlich gut machte. Immer wieder sorgte der eigentlich als Außenverteidiger eingesetzte Jungspund für Unruhe in der Münchener Hintermannschaft. Seine Sprintfähigkeit (angeblich handgestoppte 10,6 Sekunden auf 100 Metern, was im Nachgang vor allem bei “Sky” mit Begeisterung diskutiert wurde) stellte Jerome Boateng & Co. diverse Male vor Probleme, einen klaren Torabschluss konnte der U21-Nationalspieler aber nicht abgeben. In der Defensive solide, nach vorne mit Nadelstichen – der stark ersatzgeschwächte effzeh blickt trotz der 13. Niederlage im 16. Saisonspiel auf einen ordentlichen Auftritt in der bayerischen Landeshauptstadt zurück.
Junge Spieler als Hoffnungsschimmer für die Zukunft
Das lag vor allem an Hoffnungsträgern für die Zukunft, die ihre Sache auch in der Gegenwart schon überraschend gut machten: Klünter entdeckt zunehmend seine Angriffslust und präsentierte sich dank seiner enormen Schnelligkeit als Alternative für die offensive Außenbahn. Salih Özcan wächst, auch wenn die Fehlerquote noch zu hoch ist, mehr und mehr in eine wichtige Rolle im zentralen Mittelfeld hinein – für einen 19-Jährigen zeigt sich das effzeh-Eigengewächs erstaunlich gefestigt und marschiert trotz seiner Jugend bereits voran. Auch Tim Handwerker, der in München sein Startelf-Debüt für die „Geißböcke“ feierte, ist ein Lichtblick, der für die anstehende Zweitliga-Zukunft eine gute Rolle spielen könnte.
Es sind Erkenntnisse wie diese, die für den effzeh trotz der 0:1-Niederlage Gold wert sind. Die Mannschaft ist intakt, Youngster können sich präsentieren und enorme wichtige Erfahrungen sammeln. Der sechste Abstieg in der Vereinsgeschichte ist besiegelt, doch auch danach wird es für den 1. FC Köln weitergehen. Bewährungschancen für hoffnungsvolle Talente wie Chris Führich, der nach 66 Minuten für Handwerker in die Partie kam und sich vor allem mit einem gelungenen Dribbling gegen drei Bayern-Akteure nachhaltig ins Gedächtnis brachte, zeigen auf, wer für den Neuaufbau beim effzeh infrage kommt. Das Fundament für eine erfolgreiche Zweitliga-Mannschaft zu legen – das muss der Anspruch sein, der in den kommenden Monaten von Belang ist.
Eine Niederlage als Sieg für die Moral
Für den Augenblick ist der Auftritt allerdings ein Sieg für die Moral: Der effzeh, dem viele nach dem moralisch vernichtenden 3:4 gegen Freiburg eine herbe Klatsche in München prophezeit hatten, kann aus dem 0:1 beim Rekordmeister viel Kraft für die anstehenden Aufgaben ziehen. Sogar ein Punktgewinn war für einen kurzen Moment durchaus denkbar. „Die Jungs haben das gut gemacht und gut verteidigt. Wir waren nah dran. Es wäre glücklich, aber nicht unmöglich gewesen“, war Stefan Ruthenbeck nach der Partie sichtlich zufrieden mit dem Auftreten seiner dezimierten Schützlinge, die ihre Haut gegen den Seriensieger teuer verkauften. Derart wehrhaft aufzutreten, sich nicht hängen zu lassen: Es sah ganz danach aus, als würde der 1. FC Köln das ausgerufene Motto „Wir wollen nichts abschenken“ tatsächlich leben wollen.