Sentimental endet das vorerst letzte Heimspiel des 1. FC Köln in der Bundesliga. Die Emotionen nach dem 1:3 gegen Bayern München dürfen dem effzeh aber nicht den Blick auf die Realität verstellen.
Wer erst nach dem Abpfiff ins Müngersdorfer Stadion gekommen war und nicht wusste, welche Mannschaften da auf dem Rasen soeben gespielt hatten, der musste ziemlich verwirrt gewesen sein. Im Anschluss an das Duell des bereits abgestiegenen Schlusslichts der Bundesliga gegen den designierten Meister war nicht zu erkennen, welches Team soeben das letzte Heimspiel als Erstligist absolviert hatte. Während der FC Bayern München nach dem nächsten Erfolg in einer abermals starken Saison routiniert mit Applaus in die Kabine geschickt wurde, spielte sich für den 1. FC Köln ein deutlich emotionaleres Schauspiel ab.
Wie schon nach dem Schalke-Spiel zollten die Fans den Spielern Respekt, applaudierten brav und hoben dann wieder einmal zu „En unserem Veedel“ an. Sentimental, mit Gänsehaut-Garantie, aber auch ein wenig selbstbesoffen: Der Abschied aus der Bundesliga wurde gewohnt kölsch zelebriert – und so anders als noch auf den Tag sechs Jahre zuvor beim letzten Absturz aus der Beletage des deutschen Fußballs. Damals dominierte eine „Schwarze Wand“ das Bild, Rauchbomben hatten den Abstieg symbolisiert, es kam zu Reibereien auf den Rängen und einem versuchten Platzsturm. Diesmal hatten die Kölner Fans ihren Frieden gemacht mit dem bitteren Gang in die 2. Bundesliga. Und zeigten den Jungs mit dem Geißbock auf der Brust ihre Zuneigung.
“Das ist einmalig in Deutschland, vielleicht sogar in der Welt”
“Unfassbare Stimmung“ schwärmte FC-Angreifer Simon Terodde vor den Mikrofonen der Medien, „man hat das Gefühl, dass wir die Meisterschaft geholt haben. Das ist einmalig in Deutschland, vielleicht sogar in der Welt”, beschrieb der 30-Jährige die Atmosphäre nach dem Abstieg. Die Unterstützung, die der Mannschaft zuteilwurde, wussten sogar die Gegner aus der bayerischen Landeshauptstadt zu genießen – in der 1. Halbzeit sogar derart, dass die Bayern den effzeh zum Tore schießen einluden. Doch wie so oft in dieser Saison verweigerten sich die „Geißböcke“ diesem Treiben und vergaben beste Gelegenheiten. Dass am Ende eine 1:0-Pausenführung zu Buche stand, hatten die Kölner FCB-Verteidiger Niklas Süle zu verdanken, der via Eigentor den effzeh in Front brachte.
„Gerade in der ersten Hälfte haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht. Wir hatten Chancen, hätten aber vielleicht das ein oder andere Tor mehr machen müssen“, kommentierte Dominic Maroh, der sein letztes Heimspiel im effzeh-Trikot absolvierte, im Nachgang: „Wir sind gut vorbereitet in die zweite Hälfte gegangen, aber die Bayern schlagen eiskalt zweimal hintereinander zu. Das hat uns das Genick gebrochen“, war für den Innenverteidiger der Doppelschlag der Bayern entscheidend. James Rodriguez und Robert Lewandowski drehten die Partie innerhalb von zwei Minuten zugunsten der Gäste, die in der 78. Minute durch Corentin Tolisso die Entscheidung herbeiführten. Etwas mehr als Standgas hatte in der zweiten Halbzeit gereicht, um gegen nachlassende Kölner das Spiel nach Hause zu bringen.
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Maroh erhält einen beeindruckenden Abschied beim 1. FC Köln
Doch das Treiben auf dem Rasen war eher zweitrangig an diesem Samstagnachmittag: Der effzeh hatte seine Haut gegen die übermächtigen Bayern teuer verkauft, dem bitteren Abstieg einmal mehr mit Würde hingenommen. Auch wenn Dominic Maroh keinen sportlich erfolgreichen Abschied bekam, ein emotional beeindruckendes „Auf Wiedersehen“ war es allemal. “Ich wollte das Spiel anständig rumbringen und noch einmal alles geben. Ich habe alles reingehauen, was ich konnte. Ich bin stolz, so lange für den Verein gespielt zu haben. Ich habe viel erlebt – Aufstieg, solide in der Bundesliga gewesen, eine Ära unter Peter Stöger mitgeprägt, Europa und dann der brutalste Fall, den man haben kann: von Europa in die zweite Liga. Ich hätte mir gewünscht, anders abzutreten“, sagte ein sichtlich gerührter Innenverteidiger, der von den Fans mit gebührendem Applaus verabschiedet wurde.
Doch all diese Emotionen dürfen nicht verschleiern, was in dieser Saison beim 1. FC Köln passiert ist. Es droht weiterhin die schlechteste Bundesliga-Saison in der ruhmreichen Geschichte des Vereins. Eine inakzeptable Bilanz, die nicht ansehnlicher wird, nur weil die Fans ihren Frust auf eine andere Art und Weise kanalisieren. 16 Punkte in 16 Rückrundenpartien, trotz Bestbesetzung, trotz Verstärkungen wie Terodde und Koziello, trotz großartiger Unterstützung – das ist kein Ruhmesblatt. Weder für den in der Kritik stehenden Vorstand noch für die Spieler, die größtenteils ihre Leistung nicht auf den Platz bringen konnten. Es darf nicht aus falsch verstandener Sentimentalität der Blick auf notwendige Veränderungen verstellt sein. Aus Fansicht ist das noch verständlich, die Verantwortlichen müssen diese Vollkatastrophe knallhart analysieren.
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Völlig verdienter Abstieg muss Konsequenzen haben
Denn letztlich ist der 1. FC Köln völlig verdient und deutlich abgestiegen. Weil es in allen Bereichen an Qualität mangelte – auf dem Rasen und neben dem Platz. Aus diesem furchtbar unnötigen Abstieg, der aus der bestmöglichen Ausgangslage seit Jahrzehnten entstand, müssen die notwendigen Schlüsse gezogen werden. In manchen Bereichen sieht es schwer danach aus, dass der effzeh die Zeichen der Zeit erkannt hat. In manchen Bereichen allerdings scheint es den Verantwortlichen schwer zu fallen, die entsprechenden Schnitte zu machen. Ob das für das Schwergewicht namens 1. FC Köln reicht, um angesichts des Saisonziels und der Konkurrenz in der kommenden Spielzeit die nötige Schlagkraft zu entfalten? Es wird mehr brauchen als schunkelige Stimmung und jede Menge Emotionen.