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Wo war die P-Frage?

Seriös, ruhig und professionell: Die Mitgliederversammlung verläuft in den erwarteten Bahnen. Der Trainer erhält Standing Ovations, die Satzungsänderung erhält Zustimmung.

© effzeh.com
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Wenn jemand einen nicht-sportlichen Indikator für die Veränderung, die unseren glorreichen 1. FC Köln erfasst hat, gesucht haben sollte, der wurde auf der Mitgliederversammlung in der Kölnarena fündig. Wo früher tumultartige Szenen (inklusive körperlicher Auseinandersetzungen als Höhepunkt) das Bild prägten, stand an diesem Tag Ruhe, Seriosität und professionelles und konstruktives Arbeiten im Vordergrund.

Hatten die FC-Mitglieder unter dem vorherigen Präsidium häufig das Gefühl, solche Angelegenheiten würden als notwendiges Übel empfunden und dementsprechend vor- und nachbereitet, so scheint das neue Triumvirat den Kontakt mit der Basis geradezu zu genießen. Vorbei die Zeiten des gefühlten „Hüür ens, Wolfjang, han mer hück nit et Mitgliedergedöns? Do muss noch en Reed schrieve“ und „Ich danke Ihnen für meine Ausführungen“. Souverän erledigten Markus Ritterbach, Werner Spinner und Thomas Schönig die Aufgaben des Tages.

Die Ausgangslage war allerdings auch günstig: Sportlich steht der effzeh gut da, hat sich in der Bundesliga bislang stark präsentiert und stellt seit Freitagabend wieder einen Nationalspieler. Auch finanziell geht es offenbar in die richtige Richtung: Der Verein schrieb trotz vorgezogener Investitionen in die Infrastruktur schwarze Zahlen, konnte trotz Zweitliga-Zugehörigkeit ein Rekordergebnis bei Merchandising und Umsatz vermelden und tilgte dadurch sogar noch Schulden, die jetzt bei 24 Millionen Euro liegen.

Kaum verwunderlich also, dass die Reden der Geschäftsführer Alexander Wehrle und Jörg Schmadtke genauso entspannt verfolgt wurden wie die Einlassungen von Präsident Werner Spinner und Mitgliederrats-Chef Stefan Müller-Römer. Nach dem stets emotional aufgeladenen Start mit der Hymne hatte dann der Trainer seinen großen Auftritt: Als Peter Stöger die Bühne betrat, war der Applaus riesig, es gab Standing Ovations. In gewohnt ruhigen Worten erdete der Österreicher das Publikum und sprach von der Politik der kleinen Schritte, die der Verein auch sportlich gehen muss.


Dass Vereinspolitik auch im Profifußball keine sonderlich spannende Angelegenheit sein muss, merkten die knapp 1.500 anwesenden FC-Anhänger spätestens beim Thema Entlastungen. Durch zahlreiche Abstimmungen inklusiver der leider notwendigen Erklärungen dürfte der Satz „Drücken Sie bitte die 1, gefolgt von Send, wenn sie für Ja stimmen wollen“ nicht nur Thomas Schönig und Markus Ritterbach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Beide lösten das Ganze aber charmant und mit der ein oder anderen Pointe geschickt.

Der wichtigste Teil kam, so sah es die Tagesordnung vor, wie immer zum Schluss: Es sollte auf Antrag von Vorstand und Mitgliederrat über eine Änderung der Satzung abgestimmt werden. Im Fokus hierbei mehrere Punkte: Eine Vergütung des Vorstand soll ermöglicht werden, um geeignetes Personal für diesen anspruchsvollen Job finden zu können. Eine lebenslange Mitgliedschaft soll eingeführt werden. In Sachen Anteilsverkäufe sollen die Mitbestimmungsrechte des Mitgliederrats gestärkt werden, beim Mitgliederrat selbst das Vorschlagsrecht des Vorstands eingedämmt werden.

Nach einer Aussprache mit kritischen Anmerkungen zur lebenslangen Mitgliedschaft und der Vergütung des Vorstands und abgelehnten Anträgen, das Ganze zu verschieben beziehungsweise von den anderen Änderung separiert abstimmen zu lassen, schritten die Mitglieder zur Wahl – und entschieden sich für die Satzungsänderung. 89,37 Prozent (und damit deutlich mehr als die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit) votierten dafür und machten unter anderem den Weg frei für ein bezahltes Präsidium. Eine noch größere Zustimmung fand die Änderung der Beitragsordnung, die unter anderem auch eingetragenen Lebenspartnerschaften als Familie anerkennt, und die FC-Charta.

Richtig spannend wurde es erst wieder zum Schluss: Würde es jemand in der allgemeinen Aussprache wagen, die sehnsüchtig erwartete Frage nach Lukas Podolski zu stellen? Nein! Stattdessen wurde ein Handlauf auf den Stadiontreppen gefordert und unverständliche Kritik an Peter Stöger geäußert. Keiner stellte die P-Frage. Das ist nun wirklich nicht mehr mein Verein!

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