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Nachspiel

Keine Kölner Deppen in Meppen

Der effzeh macht auch in Meppen einen auf seriösen Erstligisten. Dabei sollte doch alles anders kommen! Was ist nur mit unserem Verein passiert?

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Es war alles schon so schön zurechtgelegt. Die Überschrift. Mit Deppen in Meppen und so. Weil: Irgendwie war ja eigentlich klar, dass der wundervollste Fußballklub der Welt im Emsland sensationell früh aus dem DFB-Pokal ausscheiden musste.

Viel zu gut lief die Vorbereitung, viel zu lange her war das letzte blamable Pokalaus. Viel zu heile war die Welt rund um den Geißbock. Viel zu überheblich war ich selbst und hatte mich in einem Zuge völliger Dekadenz und Maßlosigkeit dazu entschlossen, dass Spiel bei Mama und Papa zu schauen. Mit Kaffee und Kuchen und dem ganzen Scheiß. Als ob dieser Fußball nur die schönste Nebensache der Welt wäre.

Dementsprechend war die Überschrift schon in Stein gemeißelt. Nur der effzeh selbst wollte einem nicht den Gefallen tun und machte stattdessen schon wieder einen auf “Seriösen Bundesligisten”. Was ist nur mit meinem Verein passiert?

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Planskizze Amateur-GAU

Zu Beginn sollten wir unser Beileid vielleicht erst einmal gen Meppen richten. Anscheinend schwebte der Fußballgott über einer anderen Kleinstadt mit Aussicht auf Sensation. Oder über wundervollen rechtsrheinischen Veedeln wie Köln Höhenberg. In Meppen war er jedenfalls nicht zugange. Stattdessen hatten hier höhere Mächte eine Planskizze entworfen mit dem Thema “How to: Herbeiführen von einem Super GAU für jeden unterklassigen Verein in der ersten Runde des DFB-Pokals”.

Muttern hatte noch nicht einmal den feinen Pflaumenkuchen mit Schlagsahne ins heimische Wohnzimmer gebracht, da hatte der neue Tünn auch schon geknipst. Langer Ball von Heintz. Modeste denkt und lenkt schneller als die eigene Mutter, handelt fixer als das gesamte Emsland und knallt das Leder nach 45 Sekunden aus kurzer Distanz in die Kiste. Schnellstes effzeh-Pokaltor der Geschichte. Einfach so. Armes Meppen.

So wurde es im elterlichen Sessel natürlich direkt gemütlicher. Da hatte man mit der Dekadenz wohl doch alles richtig gemacht. So ein Pokalspiel in der ersten Runde, das lässt sich eben mal so nebenher runterschauen beim neuen effzeh. Bei dieser Verbindung von Seriösität und Kreativität.

Während schnell noch nachgesehen wurde, ob man sich denn wenigstens auf den anderen Plätzen blamiert, das Bayerkreuz in Lotte zum Beispiel oder der alte Tünn in Würzburg, verloren die rot-weißen Götter zumindest kurzzeitig ein kleines bisschen den Faden. Der zarte Hauch von Leichtfertigkeit fand schließlich seinen Höhepunkt in einer arg grenzwertigen Grätsche von Pawel Olkowski, welche die proppenvolle Hänsch-Arena zum Toben brachte. Danach wurde sich aber wieder konzentriert.

Der Schiri ohne Menschlichkeit

20 Minuten später stürmte eben jener Pawel Olkowski in den Meppener Strafraum und erhielt die Quittung für seine übereifrige Grätsche. Meppens Keeper Gommert rächte sich. Blöd nur, dass er dabei der letzte Mann war und Olkowski keine fünf Meter vom Tor entfernt stand. Rote Karte und Elfmeter. Ein Schiedsrichter mit etwas Mitleid für die Kleinen hätte vielleicht mal Fünfe gerade sein lassen. Christian Dietz war nicht so einer. Übrigens hieß der Schiedsrichter so wie der Sohn der besten Freundin meiner Mutter! Wahnsinn, oder? Über diese Tatsache wurde eifrig gesprochen, während der schnelle Pole mit Schmerzen vom Platz gezogen wurde und sich das übliche Spieler-raus-Ersatztorhüter-rein-Wechselspiel nach einer Roten Karte vollzog.

Elfmeter, war ja sicher, ist ein Ding für Käptn Matze, der in der letzten Spielzeit ungefähr 43 Strafstoßtore in der Manier einer Eistonne verwandelt hatte. Stattdessen titschte aber wieder dieser Anthony Modeste im Stile eines Basketballers mit dem runden Leder herum. Ein skandalöser Putsch! Der Franzose tat so, als wäre dieser Affront das Normalste der Welt und wartete unruhig darauf endlich diesen Elfmeter verwandeln zu können. Das tat er dann auch höchst souverän. Ein Schuss ins rechte Eck. Ein Schuss mitten ins Meppener Herz. Torwart runter, 0:2 hinten, ein Mann weniger. Armes Meppen.

Langsam regte sich Mitleid. War das nicht unfair gegenüber den Meppenern, dass ich mich da so bei meinen Eltern ausbreitete, nur weil der effzeh Amateure nun im Vorbeigehen schlägt und sich mit Erstrundenaufgaben nicht einmal ansatzweise Blöße gibt? Bin ich etwa auch so gefühllos wie der Schiedsrichter mit dem Namen des Sohnes der besten Freundin der Frau, die mich erst abhängig vom 1. FC Köln gemacht hat?

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Kein Bock auf Hurra

Doch nicht nur in mir kam Mitleid auf. Auch Peter Stöger ließ seine Wunderelf nun einen Gang zurückschalten. Timo Horn rollte den Schlafsack im Kasten aus, langsame Passstaffeten im Mittelfeld ließen die Lust auf ein weiteres Stück Kuchen und Konversation abseits des immer langweiliger werdenden Spieles erhöhen. So richtig Bock auf Hurra hat der österreichische Übungsleiter trotz der insgesamt offensiveren Ausrichtung dann doch nicht. Zur Halbzeit kam mit Kevin Vogt für Pawel Olkowski weitere defensive Absicherung. Zehn Minuten später durfte auch noch Simon Zoller für den überzeugenden Milos Jojic ran. Sie alle taten nicht mehr als nötig. Einzelne Nadelstiche aus einer stabilen Grundordnung. Nicht packend, aber richtig.

Vielleicht fühlen sich so Fans des FC Bayern München. Wenn das Spiel so gut läuft, dass es kaum Grund zur Klage gibt. Wenn das Geschehen auf dem Platz so klar ist, dass man Lust hat auch mal über andere Dinge zu reden. Wenn die Spannung auf einem derart nüchternen Pegel liegt, dass der Blick auch mal vom Bildschirm abschweift. Natürlich sollte das alles vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass ein Bundesligist gegen ein Team aus der vierten Liga antrat. Aber glücklicherweise wurden diese Tatsachen anders als in vielen anderen Pokalspielen wenigstens auch ersichtlich.

Der Rest der Partie plätscherte also dahin. Die Fehlerquote häufte sich durch die Hereinnahme von Vogt und Zoller. Meppen ging vorne etwas forscher dran, was allerdings mit zehn Spielern auf dem Platz ein hoffnungsloses Unterfangen war. Der effzeh versiebte noch ein paar Neunzigprozentige. Dies, das.

In den letzten zehn Minuten fielen dann aber doch noch zwei sehenswerte Tore. Modeste markierte seinen Hattrick mit einem platzierten Schlenzer vom Elfmeterpunkt nach punktgenauer Osako-Vorlage, Simon Zoller schaffte es aus gefühlten 30 Zentimeter Entfernung zu knipsen, nachdem der eingewechselte Yannick Gerhardt einen schönen Solo-Lauf durch Meppens Hintermannschaft hingelegt hatte. Nach zwei Sekunden Nachspielzeit zeigte Christian Dietz dann doch ein wenig Menschlichkeit und pfiff rechtzeitig ab.

Bock des Spiels: Anthony Modeste

Der alte Tünn ballerte zwar den SV Werder in der Verlängerung eine Runde weiter, aber die Eindrücke der Vorbereitung, wonach Jörg Schmadtke adäquaten Ersatz gefunden hat, wurden in Meppen bestätigt. Irgendwie hat Anthony Modeste Style. Groß, bullig, aber trotzdem beweglich und dynamisch. Eine coole Kombination. Vor allen Dingen ist der neue Tünn ein unfassbar direkter Spieler, der den Ball ungemein schnell weiterverarbeitet. Das alles waren Eigenschaften, die zu viel waren für Meppens Abwehr und die Lust auf mehr machen.

Was der Rest getrieben hat? Sagt die Gotteslästerung.

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Foto-Credits: Dirk Unschuld

Und sonst so?

  • Wie vermutet setzte Peter Stöger auf ein 4-1-4-1 mit Matze Lehmann als zentralem Mann vor der Abwehr und den zwei offensiveren Milos Jojic und Yuya Osako vor ihm. Dabei interpretierte interessanterweise vor allem Jojic seine Rolle freier und offensiver, während Osako sich häufiger bis auf die Höhe von Lehmann fallen ließ. So gewann der effzeh schnell Übergewicht im Mittelfeld, auch wenn das erste Tor schließlich durch einen langen Ball fiel.
  • Die langen Bälle aus der Verteidigung flogen gefühlt präziser nach vorne als in der letzten Saison, wobei vor allem Dominique Heintz trotz seiner etwas gröber wirkenden Erscheinung ein durchaus feines Füßchen besitzt. Die Vorbereitung des ersten Treffers war jedenfalls sicherlich kein Zufallsprodukt, auch wenn derlei Beobachtungen aufgrund der fehlenden Klasse des Gegners auch immer mit Vorsicht genossen werden müssen.
  • Zur Halbzeit stellt Peter Stöger mit Vogt und Lehmann wieder auf ein 4-4-2 mit zwei Sechsern und Osako im Sturm um. Kurze Zeit später kam Zoller. Die Einwechselspieler konnten sich nicht wirklich weiterempfehlen.
  • Der Spielverlauf kam Stögers Elf natürlich enorm entgegen, doch vergleicht man den Pokalauftritt mit dem aus dem letzten Jahr gegen die Freien Turner Braunschweig, so viel auf, dass es dem effzeh wesentlich leichter fiel kreative Lösungen zu finden auf eine dichte Defensive. Im vergangenen Jahr tat man sich trotz des letztlich deutlichen Ergebnisses deutlich schwerer gegen eine noch unterklassigere Mannschaft.
  • Luft nach oben besteht weiterhin. Oftmals wurden die Angriffe zu inkonsequent ausgespielt. Ein höheres Ergebnis wäre durchaus möglich gewesen. Über einen großen Teil der Partie bekam man stattdessen viel Leerlauf geboten. Das erste Zeichen, wie weit die Mannschaft ist, wird man dann also erst am nächsten Sonntag bekommen, wenn sie über 90 Minuten gegen den VfB Stuttgart gefordert ist.
  • Letzte Saison gab es ja hin und wieder ein kleines bisschen Stress mit Kölner Fans bei Auswärtsspielen. Der eine oder andere Leser erinnert sich vielleicht. In Meppen zeigte man sich aber von der besten Seite. 3000+ Leute dabei, tolles Banner in Schal-Optik vor dem Spiel, Stadion im Griff, obligatorisch Hymne zu Beginn der zweiten Halbzeit auch im Fernseher überdeutlich zu hören. Starke Leistung!

Harte Fakten:

effzeh: Horn –  Olkowski (46. Vogt), Sörensen, Heintz, Hector – Lehmann (69. Gerhardt) – Risse, Osako, Jojic (58. Zoller), Bittencourt – Modeste

SV Meppen: Gommert, Jesgarzewski, Geiger, Wigger, Schepers – Wagner, Strompen – Schnier (56. Maier), Kremer (67. Ahillen) – Born (25. Huxsohl), Alawie

Tore: 1:0 Modeste (1.), 2:0 Modeste  (27., Foulelfmeter), 3:0 Modeste (79.), 4:0 Zoller

Gelbe Karte: Olkowski (8.)

Rote Karte: Gommert (24., Notbremse)

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