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Auswärtsspiel

HSV-Blogger Ulrich Hetsch: “In Hamburg geht die Angst um”

Vorletzter gegen Letzter – oder: Hamburger SV gegen 1. FC Köln. Ein Sechspunktespiel, das Abstiegskampf pur verheißt. Wir sprechen vor der Partie mit HSV-Blogger Ulrich Hetsch.

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 25: Kyriakos Papadopoulos of Hamburg lies on the pitch in pain during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and Hamburger SV at RheinEnergieStadion on August 25, 2017 in Cologne, Germany. (Photo by Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images)
Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

In Frankfurt stand Heribert Bruchhagen für seriöses Wirtschaften und solides Handeln. Kannst du dir erklären, warum er in Hamburg von außen betrachtet eine solch schlechte Figur macht?

Bruchhagen ist eine der größten Enttäuschungen der letzten zehn Jahre, aber ich erkenne an Kommentaren von Frankfurt-Fans in meinem Blog, dass er wohl bereits zu Eintracht-Zeiten nicht der Heribert war, den einige sehen wollten. Mehr Verhinderer und Bremser als Entwickler oder Sanierer. Dabei muss man wissen, dass Bruchhagen nur eingeschränkt handeln kann, denn im Grunde regieren die Herren Kühne und Struth ja den Verein, wie man an der Aktion Hahn/Wood deutlich erkennen konnte. Das Bild, welches Bruchhagen allerdings nach außen trägt, diese himmelschreiende Arroganz und Überheblichkeit gegenüber seinen Gesprächspartnern, dieses Bild schadet dem Verein zusätzlich massiv.

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Als Fan den Verein auf diesem Niveau herumdümpeln zu sehen: Macht das überhaupt noch Spaß oder sitzt die Verbitterung über das Treiben schon zu tief?

Dazu kann ich mich im Grunde nicht äußern, weil ich kein Fan (mehr) bin. Spaß im Sinne von attraktivem Fußball etc. macht dieser Verein schon seit vielen Jahren nicht mehr. Allerdings wehre ich mich gegen den Vorwurf der Verbitterung (nicht von eurer Seite), denn verbittert bin ich nicht. Ich bin vielmehr stinksauer, was man – vorsätzlich – aus diesem Verein gemacht hat.

Kühne ist Fluch und Segen zugleich. Ohne ihn würde es den HSV in der heutigen Form vielleicht nicht mehr geben, aber vielleicht würde es ihn dann besser als heute geben. Kühne ist ja auch nicht der selbstlose Gönner, als der er gern verkauft wird und wie er sich selbst gern positioniert.

Reizfigur in der gesamten Geschichte ist sicherlich HSV-Finanzier Klaus-Michael Kühne. Wie siehst du sein Engagement rund um den Klub? Fluch oder Segen?

Er ist beides. Ohne Kühne würde es den HSV in der heutigen Form vielleicht nicht mehr geben, aber vielleicht würde es ihn dann besser als heute geben. Kühne ist ja auch nicht der selbstlose Gönner, als der er gern verkauft wird und wie er sich selbst gern positioniert. So bezahlt Kühne zum Beispiel für den Stadionnamen wesentlich weniger als seine Vorgänger AOL, HSH Nordbank und Imtech. Kühne schenkt auch nicht, er leiht (zu festgesetzten Zinsen). Oder er kauft Anteile der HSV Fußball AG und nimmt Einfluss auf den Verein. So sind die Transfers, die der HSV allein nicht stemmen kann (und der HSV kann im Grunde keinen Transfer mehr allein stemmen), grundsätzlich mit ihm und seinem Freund und Berater Volker Struth abzustimmen. Dietmar Beiersdorfer hat einmal in einem schwachen Moment auf die Frage, wenn ein Transfer Herrn Kühne nicht gefällt, geantwortet: “Dann kommt halt ein Anderer”.

Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

Mehr muss man eigentlich über die Rolle des Herrn Kühne nicht wissen, da kann der Verein auch noch so oft behaupten, Kühne nehme keinen Einfluss auf das operative Geschäft. In der Tat nimmt er Einfluss und Herr Struth nimmt mit ihm Einfluss, aber das kennt ihr ja, denn immerhin spielen am Samstag hat der Hamburger Struth Verein (7 Spieler von Sports total) gegen den 1. FC Struth (11 Spieler von Sports total). Erstaunlich, dass ausgerechnet die beiden Vereine, bei denen Volker Struth zusammen 18 Spieler berät, Letzter und Vorletzter in der Bundesliga sind, oder? Wie wäre es, wenn sich beide Fan-Lager am Wochenende zeitweilig verbrüdern und gemeinsam ein “Volker Struth, Volker Struth, Volker Struth” anstimmen würden? Kurz zurück zu deiner Frage und zu Herrn Kühne. Herr Kühne leiht immer einen gewissen Betrag, dann nehmen er und Struth Einfluss auf die daraus erfolgenden Transfers. Damit führt er den HSV in eine Abhängigkeit und irgendwann muss der Verein wieder nach Mallorca oder Schindeleggi (Kühnes Wohnsitze) kriechen und wieder um Geld betteln. Irgendwie ein wenig wie bei einem Junkie und einem Dealer.

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Auch wir haben große Probleme: Die sportliche Misere kulminierte in dem Aus für die komplette sportliche Führung, im Abstiegskampf standen wir zur Winterpause nahezu chancenlos da. Verfolgst du das überhaupt oder verschlingt die Situation beim HSV zu viel Zeit und Energie, um auch noch den Blick über den Tellerrand zu schaffen?

Natürlich verfolge ich das Schicksal des FC, weil ich die gesamte Entwicklung zutiefst bedauere. Köln war bis zu dieser Saison im Grunde die Blaupause für einen Traditions- und ehemaligen Skandalverein, der die Kurve gekriegt hatte. Selbstironisch (Karnevals-Verein) und dabei seriös. Mit einem sympathischen Trainer (Stöger) und einem cleveren Manager (Schmadtke) war es gelungen, seriöse Kontinuität in den Verein zu bringen und auf einmal stellen sich sportliche Erfolge ein. Schlaue Transfers, attraktiver Fußball, aus Hamburg hat man mit Neid nach Köln geblickt. Schade, dass sich dies nun so entwickelt hat, aber um die genauen Gründe zu benennen, fehlen mir die Hintergrund-Informationen. Aber vielleicht fragt man mal bei Herrn Struth nach.

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 25: Jonas Hector of Koeln looks disappointed during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and Hamburger SV at RheinEnergieStadion on August 25, 2017 in Cologne, Germany. (Photo by Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images)

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Vor der Saison hätte keiner von uns zu träumen gewagt, dass wir jetzt erst bei neun Punkten stehen – zu stabil wirkte der effzeh, vor allem im Vergleich zu Problemfällen wie Hamburg. Nun sind wir wieder zurück in dieser Riege. Überrascht dich dieser Absturz in Köln?

Die Ausmaße des Absturzes überraschen mich tatsächlich, wenn ich auch der Meinung war, dass der FC in der letzten Saison über seine Verhältnisse gespielt hatte. Im Sommer verlor man dann mit Modeste den Knipser und konnte ihn nicht ersetzen,wenn ich auch von Cordoba eine Menge halte. Doppelbelastung durch Europa League, langfristige Ausfälle von Leistungsträgern wie Jonas Hector, schlechter Saisonstart und plötzlich bist du mitten im Strudel. Jetzt hat man nichts mehr zu verlieren, die meisten Verletzten sind wieder da, die Doppelbelastung ist weg. Ich habe den FC noch nicht abgeschrieben.

Die Ausmaße des Absturzes überraschen mich tatsächlich, wenn ich auch der Meinung war, dass der FC in der letzten Saison über seine Verhältnisse gespielt hatte.  Jetzt hat man nichts mehr zu verlieren, die meisten Verletzten sind wieder da, die Doppelbelastung ist weg. Ich habe den FC noch nicht abgeschrieben.

Zuguterletzt: Letzter oder Vorletzter – wer hat am Samstag besser lachen?

Schwer zu sagen, in Hamburg geht die Angst um. Wenn der HSV in Rückstand gerät, hat er in dieser Saison noch kein Spiel gewonnen. Ich tippe auf ein 1:1, was keinem wirklich helfen würde. Allerdings weiß ich nicht, wer beim HSV ein Tor schießen sollte.

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