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Auswärtsspiel

HSV-Blogger Ulrich Hetsch: “In Hamburg geht die Angst um”

Vorletzter gegen Letzter – oder: Hamburger SV gegen 1. FC Köln. Ein Sechspunktespiel, das Abstiegskampf pur verheißt. Wir sprechen vor der Partie mit HSV-Blogger Ulrich Hetsch.

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 25: Kyriakos Papadopoulos of Hamburg lies on the pitch in pain during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and Hamburger SV at RheinEnergieStadion on August 25, 2017 in Cologne, Germany. (Photo by Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images)
Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Wo liegen denn überhaupt die sportlichen Probleme der Mannschaft? Der Kader sollte doch von Budget und Namen her eigentlich nicht im Abstiegskampf versumpfen.

Die Wahrheit ist. dass die gesamte Mannschaft ein sportliches Problem darstellt, das zieht sich von hinten bis vorn durch. Man hat mit Christian Mathenia den statistisch schlechtesten Torhüter im Kasten. Man hat mit Leichtathlet Diekmeier und dem mehrfach aussortierten Douglas Santos wackelige Außenverteidiger ohne Offensiv-Qualitäten und mit der Innenverteidigung Papadopoulos/Mavraj zwei reine Zerstörer ohne jegliche Fähigkeiten im Spielaufbau. Auf der Doppel-Sechs spielen mal Jung, mal Ekdal (wenn er mal nicht verletzt ist), mal Janjicic, mal der gelernte Außenverteidiger Sakai, aber es existiert keine eingespielte Formation und die Spieler, die für diese Position zur Verfügung stehen, sind Renner und Kämpfer, aber keine Spiel-Aufbauer.

Man sieht bereits hier, dass der HSV ein grundsätzliches Problem hat, den Ball halbwegs kontrolliert von hinten nach vorn zu bringen, deshalb auch die Horror-Taktik mit den langen Bällen nach vorn, um das untaugliche Mittelfeld zu überbrücken. In der Offensive spielte früher Lewis Holtby hinter den Spitzen, den hat Trainer Gisdol mittlerweile aussortiert, genau wie den brasilianischen Olympiasieger Walace. Also bleibt für die Spielmacher-Rolle nur der langsame und launische Hunt, Links offensiv rennt ein völlig überteuert eingekaufter Kostic (14 Millionen Euro) und knallt die Bälle unkontrolliert in den Strafraum, wo ein total neben der Spur laufender Bobby Wood kein Bein an die Erde kriegt. Rechts dann Andre Hahn, mit dem der HSV den Pass-schlechtesten Spieler der Gladbacher gekauft hat. Die einzige Hoffnung des ruhmreichen HSV ist ein 18-jähriger Abiturient (Fiete Arp) Noch Fragen?

Man muss auch sagen, dass sich der HSV diese Ablehnung schwer erkämpft hat. Weltfremde Großkotzigkeit, der Glaube an einen “großen Verein”, den es nicht mehr gibt. Man tut immer noch so, als wäre man mit den Bayern auf Augenhöhe, dabei steht man auf einem Level mit dem SC Freiburg. Fehlende Demut ist das Stichwort!

In Deutschland ist das Image des Vereins ziemlich ramponiert, viele Anhänger anderer Vereine scheinen sich geradezu danach zu sehnen, den HSV endlich absteigen zu sehen. Ist das etwas, das dich beschäftigt?

Muss es scheinbar, sonst würde ich nicht darüber schreiben, glaube ich. Mittlerweile ist es ja sogar so, dass sich nicht nur die Anhänger anderer Verein den Abstieg wünschen, sondern viele Hamburger ebenfalls. Dazu muss man auch sagen, dass sich der HSV diese Ablehnung schwer erkämpft hat. Weltfremde Großkotzigkeit, der Glaube an einen “großen Verein”, den es nicht mehr gibt. Man tut immer noch so, als wäre man mit den Bayern auf Augenhöhe, dabei steht man auf einem Level mit dem SC Freiburg. Fehlende Demut ist das Stichwort und dafür bekommt der HSV nun die Quittung. Zu Recht.

Foto: Marc Mueller/Bongarts/Getty Images

Angesichts der dramatischen Finanzsituation: Wäre ein Abstieg überhaupt verkraftbar? Könnte der Gang in die 2. Bundesliga vielleicht sogar ein heilsamer Schock sein?

Die Frage wird sogar sein, ob der HSV überhaupt eine Lizenz für die 2. Liga kriegen würde. Die Kassen sind leer, Kühne verliert mehr und mehr die Lust und die Banken geben nichts mehr. Meiner Meinung nach muss der Abstieg her, egal in welche Liga. Der HSV ist einer der größten Selbstbedienungsläden im Fußballgeschäft und all die Parasiten wirst du nur dann los, wenn es nichts mehr zu holen gibt. So lange aber noch ein Cent im Tresor ist, werden sich verschiedene Herren weiter bedienen.

>>> effzeh-Live: Veh mahnt zu Demut und Vorsicht – Koziello im Kader

Wenn man bei dir als Außenstehender in deinem Blog liest, kommt man sich tatsächlich vor ein Katastrophentourist. Ist beim HSV aktuell wirklich alles so mies, wie es bei dir erscheint?

Nein, es ist noch viel schlimmer. Geh mal davon aus, dass ich maximal zehn Prozent von dem, was ich weiß´, überhaupt in den Blog schreibe. Teilweise, weil mir die schriftlichen Beweise zu dünn erscheinen, teilweise, weil ich meine Informanten schützen will. Aber das, was die Presse berichtet (wenn sie denn mal berichtet) und das, was in meinem Blog steht, ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn man das Buch “Football Leaks” von Spiegel-Autor Rafael Buschmann gelesen hat, bekommt man eine ungefähre Vorstellung davon, wie es heute im “Geschäft Profi-Fußball” läuft. Und der HSV ist einer der Hauptdarsteller.

Die Frage wird sogar sein, ob der HSV überhaupt eine Lizenz für die 2. Liga kriegen würde. Die Kassen sind leer, Kühne verliert mehr und mehr die Lust und die Banken geben nichts mehr. Meiner Meinung nach muss der Abstieg her, egal in welche Liga.

Ähnlich wie beim effzeh spricht man in Hamburg gern vom „schlafenden Riesen“. Woran liegt es, dass der Klub sein gewaltiges Potenzial nicht nutzen kann?

Welches “gewaltige Potenzial” meint ihr? Meint ihr die Stadt Hamburg oder den Hamburger Sportverein? Nimmt man mal die 60 bis 70 Millionen Euro, die Kühne in den letzten Jahren geliehen und investiert (AG-Anteile, Namensrechte des Stadions) raus, wäre der Verein schon seit Jahren am Ende und offenbar ist er in der Weltstadt Hamburg mit all den Millionären nicht attraktiv genug, als dass sich jemand ernsthaft engagieren würde. Obwohl der Stadion fast immer mit mehr als 50.000 Zuschauern gefüllt ist, macht man jedes Jahr ein zweistelliges Minus. Also – welches Potenzial?

Auf der nächsten Seite: Bruchhagens Bauchlandung, Dealer Kühne
und Junkie HSV und der zwischenzeitlich neidische Blick nach Köln

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